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    ZVO Oberflächentage 2025

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#OTLeipzig24 überzeugten durch Beitragsspektrum und -qualität

Nach drei ereignisreichen Tagen gingen am 13. September die ZVO-Oberflächentage 2024 in Leipzig zu Ende. Das Programm des Jahreskongresses bot wieder eine abwechslungsreiche Mischung aus aktuellen fachlichen und betriebswirtschaftlichen Themen, Networking und Unterhaltung. 550 Teilnehmer hatten sich in der Kongresshalle bzw. im Congress Center Leipzig eingefunden.

Fast 100 Vorträge sowie 70 Aussteller stellten auf den ZVO-Oberflächentagen 2024 in Leipzig erneut die Vielfalt und Innovationskraft der Branche eindrücklich unter Beweis. Den Auftakt dieses wichtigsten Treffs der Branche, der 2024 zum 22. Mal stattfand, machte die Eröffnungsfeier am Abend des 11. September in der Kongresshalle am Zoo.

ZVO-Vorsitzender Jörg Püttbach begrüßte die Familie der Galvano- und Oberflächenbranche und Ehrengäste aus ZVO und DGO, auf Einladung des ZVO 20 angehende Galvanotechniker der Fachschule in Schwäbisch Gmünd und des Technischen Berufskollegs Solingen, Studenten der TU Ilmenau sowie Vertreter der Fachpresse.

In seiner Rede wies Püttbach auf die Bedeutung der Oberflächentechnik und ihrer Industrie hin. „Wir arbeiten oft im Hintergrund, aber ohne unsere Oberflächen geht nicht viel. Keine Nachhaltigkeit, keine Transformation, keine Innovationen.“ Dennoch wird die mittelständisch geprägte Branche von politischen Rahmenbedingungen ausgebremst, kämpft gegen Überregulierung bei der Chemie, Bürokratisierung, Energiekosten etc.. Ein Blick auf die Entwicklungen im vergangenen Jahr zeigt jedoch, dass sich etwas tut in Berlin und Brüssel: „Der Wind weht nicht mehr aus exakt der gleichen Richtung. Die Bedeutung einer wettbewerbsfähigen Wirtschaft, einer wettbewerbsfähigen Industrie und ja sogar die Wichtigkeit des Mittelstandes rückt wieder mehr ins Zentrum der Politik. Das Ergebnis der Europawahlen hat diesen Trend bestätigt“, resümierte Püttbach. Und auch der ZVO findet mehr und mehr Gehör, so geschehen beispielsweise bei der Industrieemissionsrichtlinie (IED), den Best verfügbaren Techniken (BVT) oder der Autorisierung von Chromtrioxid. Hier konnten dank des Einsatzes des ZVO und seiner Mitgliedsunternehmen Verschärfungen abgewendet werden. Diesen Weg wird der ZVO weiter konsequent verfolgen, falls sinnvoll im Schulterschluss mit anderen Verbänden. „Trotz allem Frust über wirtschaftspolitische Wegstellungen und Überregulierungen sind die Aussichten der Branche gut“, so Püttbachs abschließende Einschätzung zur Lage der Galvano- und Oberflächentechnik.

Im Anschluss an zwei Preisverleihungen der DGO folgte die Keynote von Prof. Dr. Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Unter dem Titel „Gesellschaftliche und wirtschaftliche Resilienz in Zeiten der Transformation“ skizzierte er, warum es sich langfristig lohnt, die Zumutungen des disruptiven Wandels zu akzeptieren und zu gestalten, welche (guten) Voraussetzungen die soziale Marktwirtschaft dafür mitbringt und was konkret an Maßnahmen auf staatlicher, gesellschaftlicher und unternehmerischer Ebene folgen muss.

Ein wichtiger Aspekt für die Transformation(sfähigkeit) energieintensiver Unternehmen wie in der Oberflächentechnik ist laut Hüther eine stetige Wirtschaftspolitik und damit eine verlässliche Perspektive hinsichtlich der Energiekosten für die nächsten zehn bis 20 Jahre. Abschließend verglich er einige Standortaspekte für die wirtschaftliche Resilienz der EU, der USA und Chinas miteinander.

Im Anschluss gab DGO-Vorstandsvorsitzender Dr. Martin Metzner eine Vorschau auf das Kongressprogramm an den beiden Folgetagen, unter anderem mit thematischen Schwerpunkten wie Wasserstoff, Digitalisierung und Nachhaltigkeit.

Die feierliche Eröffnung mündete in einen geselligen Abend bei Buffet und humoristischem Bühnenprogramm sowie einigen Walking Acts.  

Female (Sur)Faces

Erstmals stellte sich das im November 2023 gegründete Frauennetzwerk des ZVO vor. Zunächst skizzierte Dr. Elke Moosbach, vorstandsseitige Leitung der Female (Sur)Faces, die Entstehung und Entwicklung sowie Ziele und Projekte des Netzwerks, das für die Erhöhung des Frauenanteils in der Galvano- und Oberflächentechnik und ein Entgegenwirken gegen den Fachkräftemangel durch mehr weibliche Fachkräfte steht. Die Relevanz dieser Aspekte zeigte sich schon bei Betrachtung des Frauenanteil bei den ZVO-Oberflächentagen: 2023  waren nur 10 Prozent der Teilnehmer weiblich, 2024 immerhin schon 15 Prozent. Eine Steigerung, an der die Female (Sur)Faces vielleicht schon ihren Anteil tragen.

Anschließend erwarteten die erfreulich vielen, weiblichen wie auch männlichen Besucher der Session Präsentationen von vier Rolemodels aus den Reihen der Female (Sur)Faces: Hannah Betz, Sally Kulemann, Lisa Büker und Patricia Preikschat stellten sich und ihre sehr unterschiedlichen Hintergründe und beruflichen Werdegänge in der Oberflächentechnik vor. 

Es folgte ein Impulsvortrag von Tanja Gebel, WHW Hillebrand, zum Thema Mentoring in Organisationen – ein starkes Instrument der Personalentwicklung, das mehr denn je an Bedeutung gewinnt. Unzählige Erfolgsberichte von Unternehmen und Organisationen, die dieses Instrument bereits einsetzen, bestätigen dies. Gerade die Oberflächenbranche kann durch den Einsatz von Mentoring profitieren, sowohl Männer, aber insbesondere auch Frauen in der noch männerdominierten Branche dabei unterstützen, sich erfolgreich und effizient weiterzuentwickeln.

In der allgemeinen Definition wird Mentoring als „Beratungs- und Unterstützungsprozess“ bezeichnet. Hierbei handelt es sich klassisch betrachtet um eine hierarchisch voneinander unabhängige Beziehung zwischen einer erfahrenen Person (Mentor*in) und einer weniger erfahrenen Person (Mentee). Die erfahrene Person (Mentor*in) teilt die Erfahrungen, das Wissen und die Fähigkeiten mit der weniger erfahrenen Person (Mentee) zu den Themen/Zielen, die der/die Mentee hat, um die persönliche und berufliche Entwicklung des/der Mentee nachhaltig zu unterstützen und zu fördern.

Zunächst werden die Ziele des/der Mentee benannt. Im Anschluss daran kann ein passender „Tandem-Partner“ (Mentor*in) ausgewählt werden. Hierfür ist ein Pool an Mentor*innen hilfreich oder das Unternehmen nimmt an einem bereits vorhandenen Programm teil.

Wenn das passende Match gefunden ist, lernt sich das „Tandem“ kennen und es werden Treffen vereinbart.

Für die Tandem-Arbeit wird In der Regel ein Zeitrahmen vorgegeben, zumeist ein Jahr. Während dieses „Mentoring-Jahres“ finden in regelmäßigen Abständen von etwa vier bis sechs Wochen die Treffen zwischen Mentor*in und Mentee statt. Die Treffen gestaltet das Mentoring-Tandem eigenständig. Hier übernimmt insbesondere der/die Mentee die Organisation (Protokollführung, Terminorganisation).

Je nach Bedarf können während dieser Zeit passende Veranstaltungen (Netzwerktreffen, Trainings, Begleitung zu Vorträgen, …) besucht bzw. ausfindig gemacht werden, die das Ziel/Thema des Mentees fördern. 

Die Förderung von Kompetenzen und Fähigkeiten ist dabei verschieden und je nach Ziel/Thema des/der Mentee/s differenziert ausgeprägt:

Die Zielgruppen sind vielfältig:

  • Während der Weiterentwicklung „vom Kollegen/Von der Kollegin zur Führungskraft“
  • Neu in der Rolle als Führungskraft
  • Führungskräfte, die sich weiterentwickeln möchten bzw. neue Perspektiven/Blickwinkel/Reflexion erfahren möchten (zum Beispiel neue Anforderungen an die Rolle)
  • Projektleiter*innen oder Fachkräfte
  • Während der Ausbildung/des Studiums

Folgende Varianten von Mentoring gibt es:

  • One-to-one-Mentoring
    • Beide arbeiten als Mentoring-Tandem über einen längeren Zeitraum hinweg  zusammen, in der Regel für die Dauer von einem Jahr.
  • Gruppen-Mentoring
    • Eine Gruppe von Mentees wird von einem/einer Mentor*in über einen längeren Zeitraum hinweg betreut.
  • Peer-Mentoring
    • Eine Gruppe von Gleichgestellten organisiert sich selbst zur Realisierung eines Projekts und unterstützt sich gegenseitig. 
  • Cross-Mentoring
    • Eine Sonderform des externen Mentorings, bei dem der Mentee/die Mentee eine/n Mentor*in aus einer anderen Organisation/einem anderen Unternehmen erhält. 

Die Vorteile:

  • Förderung und Motivation beruflich ambitionierter Mitarbeitender
  • Nachhaltige Personalentwicklung und -gewinnung
  • Vorbeugung eines Fach- und Führungskräftemangels durch die Entwicklung und Bindung von qualifizierten Mitarbeitenden
  • Positionierung als attraktiver Arbeitgeber durch den Einsatz innovativer Personalinstrumente
  • Sicherung von Know-how im Unternehmen
  • Gewinnung von neuen Impulsen und Eindrücken aus anderen Organisationen, um vorhandene Strukturen und Abläufe im eigenen Unternehmen zu hinterfragen
  • Wertschätzung gegenüber dem/der Mentee und Mentor*in

Besondere Vorteile des „Cross-Mentoring“:

  • Hierbei entsteht häufig ein schnelleres Vertrauensverhältnis zwischen Mentee/Mentor*in, da keine direkte berufliche bzw. hierarchische Verbindung besteht.
  • Die Auswahl an Mentor*innen ist größer, sodass viel höhere Chancen für ein passendes Match bestehen.
  • Auch kleine und mittlere Unternehmen können so ein Mentoring-Programm anbieten.
  • Neue Impulse und Eindrücke aus jeweils einer anderen Unternehmenskultur entstehen für Mentee und Mentor*in.

Katja Feige schloss sich mit einem Vortrag zum Thema Arbeits(zeit)modelle an. Zunächst stellte sie verschiedene mögliche Modelle vor. Im Anschluss fasste sie die Ergebnisse der Umfrage der Female (Sur)Faces zusammen, die von Mitte Juli bis Ende August gelaufen war, mit dem Ziel, persönliche Erfahrungen, Wünsche und Anregungen zu Arbeits(zeit)modellen, Homeoffice-Optionen, Kinderbetreuung und der generellen Förderung von Frauen zu erfassen. Der Fragebogen war hierzu zum einen an Frauen gerichtet (29 Beantwortungen), zum anderen an Unternehmen (54 Beantwortungen).

Bei Gegenüberstellung der Ergebnisse ergaben sich deutliche Übereinstimmungen: Flexible Arbeitszeitmodelle werden von  Arbeitnehmerinnen und Unternehmen geschätzt und sind weit verbreitet. Aber es zeigten sich auch Unterschiede in der Wahrnehmung und Umsetzung bestimmter Aspekte wie Homeoffice, Kinderbetreuung und Frauenförderung. Eine genauere Betrachtung der kritischen Punkte durch die Unternehmen könnte helfen, diese Diskrepanzen zu überwinden und das Angebot besser auf die Bedürfnisse der Mitarbeitenden abzustimmen. Frauen hingegen könnten von einer intensiveren Kommunikation über bestehende Angebote profitieren, um Unsicherheiten zu beseitigen und die Nutzung vorhandener Modelle zu fördern.

Den Abschluss machte eine ausgesprochen gut frequentierte und angeregte wie anregende Podiumsdiskussion unter der Moderation von Judith Klups. Frauen wie Männer äußerten sich – zum Teil kontrovers, aber stets offen und respektvoll – zu Thesen bzw. Leitfragen zum Thema Arbeitszeitmodelle, Frauenförderung, Chancengleichheit, Frauen in Führungspositionen, Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, Fachkräftemangel etc. Der „freie Stuhl“ auf dem Podium blieb nicht lange unbesetzt, er fand wechselnde Redner und auch das Publikum beteiligte sich lebhaft an dem Austausch. 

 

Sprechstunde Regulative Entwicklungen

Teil des Vortragsprogramms war außerdem erneut eine Sprechstunde des ZVO-Ressorts Umwelt- und Chemikalienpolitik. Sie war wie schon im vergangenen Jahr in Berlin als Fragerunde ausgelegt: Experten des Ressorts standen für Auskünfte und Diskussionen zur Verfügung.

Nach Vorstellung des Ressorts ging Leiter Dr. Matthias Zimmer auf einige wesentliche Themen ein, die für die Branche bedeutsam und mehr als fordernd werden können. Dazu gehörten die Thematik von Chromtrioxid unter REACH, der PFAS-Beschränkungsentwurf und die aktuelle Überarbeitung des STM-BREF auf der Basis der überarbeiteten Industrieemissionrichtlinie 2.0. Letztere geht über ihren Namen mittlerweile weit hinaus. Denn statt nur die Emissionen zu behandeln und zu regulieren verlangt sie zukünftig auch die Vorgabe der Mengen von zulässigen Einsatzstoffen (sogenannte BAT-AEPLs[1]), darunter Wasser und Energie. Diese Vorgabe stellt die freie Wahl von Produkten und Produktionsprozessen sowie Weiterentwicklungen infrage. Ausweg aus diesem Eingriff in die unternehmerische Freiheit sollen Gutachten bieten, die nachweisen, dass ein Prozess nicht mit weniger Einsatzstoffen betrieben werden kann. Damit wären nicht nur Kosten und Zeit für Genehmigungen erhöht. Auch die Bürokratie nimmt weiter zu und die Planungsunsicherheit wächst. Einziger Nutznießer werden Berater sein, die Unternehmen bei der Ausarbeitung behördengerechter Unterlagen unterstützen müssen.

Das Thema BREF bestimmte die Sprechstunde, für viele waren diese massiven Regulierungen weitestgehend neu. Es kam zu der Frage, wie weit die Regulierung gehen soll, wo doch schon jetzt der Anteil nicht wertschöpfender Tätigkeiten ein ungesundes Maß angenommen hat – zumindest für KMU. Ebenso wurde die Frage aufgeworfen, wie und mit welchem Wording reagiert werden sollte.

Bedauert wurde, dass von den zahlreichen Teilnehmern der Oberflächentage nur etwa 30 den Weg in diese Sprechstunde gefunden hatten. So werden Diskussionen über mögliche Reaktionen der Branche außerhalb weitergeführt werden müssen.

Die Sprechstunde endete mit der Einladung, aktiv im Ressort mitzuarbeiten, was einerseits der eigenen Informationslage dient, andererseits den Verband stärkt.


[1] Best-avaliable-technologies-associated-environmental-performance-level

 

Ergebnisse aus der Forschung – Junge Kollegen berichten

Christoph Kiesl vom fem in Schwäbisch Gmünd widmete sich dem Thema „Post-Lithium-Batterien“. Wenn bei der Defossilisierung einseitig auf die Elektrisierung durch Lithium-Ionen-Technologie gesetzt wird, birgt dies bekanntermaßen strategische Risiken durch die begrenzte Verfügbarkeit von Lithium-Mineralien. Unter dem Schlagwort „Post-Lithium“ sammeln sich alternative Ansätze wie beispielsweise Kalziumanoden. Kiesl beschäftigte sich in seiner Arbeit vor allem mit der Abscheidung von Kalzium aus nicht wässrigen Elektrolyten zur Herstellung der Anoden.

Dr. Mathias Weiser, Fraunhofer IKTS, Dresden, berichtete von Ergebnissen, die im Rahmen des IGF-Projekts „Elektro-SnOx“ erarbeitet wurden. Dabei geht es um poröses Zinnoxid als Elektrodenmaterial für hocheffiziente Lithium-Ionen Batterien. Der Herstellungsprozess besteht aus der Zinnabscheidung aus einem handelsüblichen Zinn-Elektrolyten und der anodischen Oxidation des Zinns zur Erzeugung des porösen Oxids.

Abgerundet wurde die erste Session der „Jungen Kollegen“ durch einen weiteren Vortrag aus dem Bereich „erneuerbare Energien“, namentlich der Wasserstofftechnologie. Dr. Johannes Näther von der Hochschule Mittweida zeigte, dass für die Herstellung von Elektroden für die saure Wasserspaltung gleich zweimal elektrochemisches Know-how gefragt ist: ebei der Fragestellung, welche Elektrodenmaterialien besonders geeignet für die effiziente Wasserspaltung sind, und einmal, wie Edelmetallkatalysator-Partikel (hier IrRu) besonders materialsparend abgeschieden werden können, um die Elektroden herzustellen.

Den ersten Vortrag der zweiten „Junge Kollegen“-Session präsentierte Lukas Esper von der TU Ilmenau. Es ging dabei generell um die elektrochemische Politur von durch Lasersintern hergestellten Werkstücken, die bekanntlich eine hohe Oberflächenrauheit aufweisen. Als konkretes Beispiel diente ein medizinisches Implantat (Stent) aus Edelstahl 316L. Diese Art von Implantaten wird auch bei klassischen Fertigungsverfahren teilweise durch Elektropolieren bearbeitet, um die Oberfläche zu glätten. Die aktuell geforderte Oberflächengüte kann bei lasergesinterten Teilen noch nicht erreicht werden. 

Nurul Amania Binti Omar von der Hochschule Mittweida stellte bereits im vergangenen Jahr eine spannende Methode vor, NiPB-Schichten herzustellen, bei der Bor-Partikel zunächst in chemisch NiP co-abgeschieden werden, und dann durch Wärmebehandlung die ternäre Phase mit vielversprechenden Eigenschaften entsteht. Im diesjährigen Beitrag beschäftigte sich Omar mit der Korrosionsbeständigkeit der einzigartigen Legierung und wagte sich dabei auf das Gebiet der Vergleichbarkeit von Salzsprühnebeltest und elektrochemischen Polarisations- bzw. Impedanzmessungen. Die Ergebnisse wurden erwartungsgemäß kontrovers diskutiert.

Klassische Oberflächentechnik und erneuerbare Energien trafen im Beitrag von Lea Breu von der Robert Bosch Manufacturing Solutions GmbH aufeinander. Parameter wie Stromstärke und Prozesszeit beeinflussen die Struktur der Oxidschicht bei der anodischen Oxidation von Aluminium. Breu hat untersucht, wie diese Parameter die Wasserstoffpermeation beeinflussen, so dass die Aluminiumbauteile in Anwendungen im Bereich Wasserstofftechnologie eingesetzt werden können.

Thematisch passend setzte sich anschließend Lukas Böttger von der TU Chemnitz mit den Eigenschaften von Anodisierschichten auseinander. Ihm ging es darum, mit den porösen Oxidschichten die Haftung von PLA-Kunststoff in Aluminium-Kunststoff-Kompositbauteilen zu verbessern. Der PLA-Kunststoff wird hier im Schmelzauftragsverfahren appliziert. Die Parameter in diesem Schritt haben erwartungsgemäß einen großen Einfluss auf das Ergebnis. Böttger zeigte bei der Planung seiner Experimente und der Aufbereitung und Präsentation der Ergebnisse eine beeindruckende wissenschaftliche Sorgfalt. Die Studie wurde im Rahmen einer Projektarbeit durchgeführt.

Einflussgrößen bei der elektrochemischen Abscheidung verschiedenster Legierungen gehören seit jeher zum Wissens- und Erfahrungsschatz der Galvanotechnik. Dass es auch auf diesem Wissensgebiet noch Neuland zu entdecken gibt, bewies eindrucksvoll Scott Dombrowe von der Hochschule Mittweida. Er hat Forschungs- und Entwicklungsarbeit im Bereich der Nickel-Rhenium-Legierungsabscheidung geleistet und dabei teils drastische Einflüsse der Abscheidebedingungen auf Wirkungsgrad und Legierungszusammensetzung herausgearbeitet.

Stephan Daniel Schwöbel, der in der Arbeitsgruppe von Prof. Lampke an der TU Chemnitz tätig ist, berichtete über Fortschritte bei der Modellierung und Simulation elektrochemischer Abscheidungsprozesse. Er wählte dabei zunächst das relativ einfache Modellsystem einer additiv-freien (oder „-armen“) sauren Kupferabscheidung. Schon hier sind teilweise stundenlange Berechnungen auf leistungsfähigen Rechnern notwendig, sobald die Betrachtung von der primären zur sekundären Stromdichte erweitert wird. Schwöbel kann dabei als Mathematiker auf der Ebene der Optimierungsalgorithmen arbeiten und ist nicht auf kommerzielle Programme angewiesen, was einer zukünftigen Anwendung auf komplexeren Systemen zugutekommen wird.

Mit dem Beitrag von Jonas Rehbein, TU Ilmenau, erfolgte eine Rückkehr zur klassischen Galvanotechnik mit einem konkreten, praktischen Anwendungsfall: Der Zusatz von Schwefel in löslichen Nickelanoden führt zu einer Depolarisation und damit einer effizienteren und gleichmäßigeren Auflösung. Werden reine Nickelanoden verwendet, so hat das potenziell einen Einfluss auf Schichteigenschaften abgeschiedener Nickelschichten, wie beispielsweise die innere Spannung. Ein topaktueller Aspekt ist die Beeinflussung der Schichteigenschaften durch PFAS-freie gegenüber PFAS-haltigen Netzmitteln.

Suvetha Logeswaran von der Hochschule Aalen hat sich der Herausforderung gestellt, das Verständnis für die Partikel-Co-Abscheidung durch eine energetische Betrachtung zu verbessern. Das gewählte Modellsystem war dabei eine Nickelmatrix mit SiO2-Partikeln. Um die Grenzflächenenergie SiO2(Glas)/Nickel zu bestimmen, wurden Glassubstrate mithilfe von PVD metallisiert und dann einem Abzugstest („PosiTest“) unterzogen. In der nachfolgenden Diskussion gab es wertvolle Hinweise, um bestehende praktische Hürden bei diesem Ansatz zu überwinden.

 

Zukunftsthemen in der Oberflächentechnik

Wie Stephan Koß, RWTH Aachen, Digital Additive Production, betonte, nimmt insbesondere der Einsatz von Extreme High Speed Laser Application (EHLA) in der Industrie aufgrund der technologischen Flexibilität in Bezug auf die Produktivität, der nahezu freien Materialwahl, der hohen Effizienz und der präzisen lokalen Materialabscheidung zu.

Diese Technologie ermöglicht einen präzisen Energieeintrag in das Beschichtungsmaterial und anschließend in das Substrat, sodass nahezu alle Beschichtungsstoffe (zum Beispiel Metal Matrix Composites) verwendet und nahezu alle Materialkombinationen (Beschichtung von Aluminium mit Edelstahl, Beschichtung von faserverstärkten Polymeren mit Aluminium) realisierbar sind. Im Gegensatz zum klassischen Laserauftragschweißen gelingt es bei EHLA, durch den Einsatz von neuer Lasertechnik das Aufschmelzen des Pulvers vor dem Auftreffen der Partikel auf die Oberfläche zu realisieren. Dadurch verringert sich die thermische Belastung des Substratwerkstoffs.

Typische Schichtdicken in einem Durchgang variieren zwischen 20 µm und 350 µm. Die Abscheideeffizienz liegt bei bis zu 95 Prozent, abhängig von den Prozessparametern und dem Beschichtungsmaterial. Durch die Änderung des Energieeintrags kann auch die Produktivität gesteigert werden. So kann zum Beispiel eine Flächenleistung von etwa 1.300 cm2/min bei einer Laserleistung von 8 kW erreicht werden. Diese Eigenschaften erlauben es, Oberflächen auf unterschiedliche Anforderungen hin zu optimieren, zum Beispiel gezielt gegen Korrosion und Verschleiß zu schützen, tribologische Kontakte anzupassen oder Oberflächen durch additive Materialabscheidung zu strukturieren. Neuere Entwicklungen befassen sich mit der Beschichtung von Kunststoffen, beispielsweise kohlefaserverstärktes Polyamid, das mit Aluminium beschichtet werden kann.

Dr. Roy Morgenstern, TU Chemnitz, Professur Werkstoff- und Oberflächentechnik, befasste sich in seinem Vortrag mit dem Prozess des Anodisierens mit koaxialem Elektrolytstrahl unter Einsatz von Schwefelsäure, um mit hoher Schichtbildungsrate Oberflächen für tribologische Anwendungen herzustellen.

Das spezielle Verfahren der anodischen Oxidation mit Elektrolytstrahl eignet sich für die energie- und ressourceneffiziente, lokal begrenzte und abdeckungsfreie Oberflächenfunktionalisierung von Aluminiumlegierungen. Die Ummantelung des Elektrolytstrahls mit deionisiertem Wasser in einer Koaxialanordnung ermöglicht aufgrund der Verdünnung der abfließenden Säure sowohl eine stärkere Lokalisierung der Schichtbildung als auch die sichere Verwendung vergleichsweise aggressiver, schwefelsaurer Elektrolyte, die sich durch hohe Schichtbildungsraten bei relativ geringen Prozessspannungen auszeichnen.

Mithilfe der Koaxialanordnung konnten kompakte Oxidbereiche mit selbstorganisiertem Porenwachstum und Dicken von mehr als 50 µm erzeugt werden. Dabei war die Bildung der Schichten innerhalb eines Durchmessers von wenigen Millimetern lokalisiert. Die Prozessspannung und folglich die Schichtbildungsrate werden durch Erscheinungsformen des Anbrennens im Zentrum der anodisierten Fläche begrenzt.

Unter Bauteilsauberkeit wird generell die Einhaltung von Grenzwerten bezüglich der Kontamination mit unerwünschten Stoffen auf der Oberfläche verstanden. Im Allgemeinen werden hier laut den Ausführungen von Dr. Björn Dingwerth, MacDermid Enthone GmbH, Partikel bestimmter Größenklassen und entsprechende Grenzwerte, angegeben als Anzahl von Partikeln in einem repräsentativen Oberflächensegment, betrachtet.

Die Relevanz der Bauteilsauberkeit rückte mit dem Aufkommen von Diesel-Direkteinspritzsystemen Ende der 1990er und Anfang der 2000er Jahre in den Fokus, da Partikel, die in die filigranen Einspritzdüsen gelangten, zum Problem wurden. Mit entsprechenden Grenzwerten und Maßnahmen zur Einhaltung der Sauberkeit beziehungsweise der tolerierbaren Verschmutzung wurde dieser Herausforderung erfolgreich begegnet.

Der aktuell laufende Paradigmenwechsel in der Mobilität vom Verbrenner hin zu Elektroantrieben hat Auswirkungen auf Verbindungselemente im Allgemeinen und insbesondere auf die technische Sauberkeit dieser Elemente. Mit einem weiter zunehmenden Anteil elektrischer Antriebe wächst die Erfahrung im Einsatz, und es zeigt sich erneut die Relevanz der Bauteilsauberkeit für die Zuverlässigkeit der zugrundeliegenden Systemkomponenten.

 

Funktionsschichten

Die von Dr. Adriana Ispas, TU Ilmenau, vorgestellten Schichten aus Kobalt-Eisen und Eisen-Nickel erfahren aufgrund ihrer magnetischen Eigenschaften hohes Interesse. Solche Schichten dienen unter anderem als Grundwerkstoff für elektronische Datenspeicher. In Zukunft könnten sie zudem für die Elektrotechnik in Elektrofahrzeugen oder in Generatoren zur Stromerzeugung zum Einsatz kommen.

Eine Besonderheit bei der Kobaltabscheidung ist, dass Elektrolyte mit pH-Werten unter pH 5 fcc-Kristalle bilden und bei pH-Werten größer 5 hcp-Kristalle. Dies wiederum hat auch Einfluss auf deren magnetische Eigenschaften. Ebenso starke magnetische Unterschiede ergeben sich aus der Zusammensetzung von Legierungen, wie zum Beispiel bei Eisen-Nickel-Kobalt. Des Weiteren beeinflussen Zusätze wie Saccharin oder Citrat im Elektrolyten unter anderem die Korngröße der Abscheidung, wodurch Änderungen bei den magnetischen Eigenschaften zu erwarten sind.

Abgeschiedene Kobalt-Eisen-Schichten wurden thermisch bei Temperaturen bis zu 800 °C behandelt. Dabei zeigt es sich, dass bei etwa 500 °C ein Wandel bei den Eigenschaften auftritt. Zurückzuführen ist dies auf eine Erhöhung der Kristallordnung, die wiederum die magnetischen Eigenschaften verändert. Darüber hinaus werden die Korngröße der Schichten durch den verwendeten Zusatz deutlich verändert und ebenfalls die magnetischen Eigenschaften. Dieselben Untersuchungen wurden bei Eisen-Nickel-Schichten durchgeführt. Auch hier zeigte die Morphologie Unterschiede aufgrund der eingesetzten Zusätze. Mit der elektrochemischen Quarzmikrowaage konnte die Stromausbeute der Schichtabscheidung in-situ bestimmt werden. Die kathodische Stromausbeute liegt für Abscheidungen aus diesen Elektrolyten in der Regel über 90 Prozent.

Neben der galvanischen Verchromung, die durch die Einschränkung bei der Nutzung von sechswertigen Chromverbindungen eine deutliche Veränderung erfahren hat, stehen Dispersionsschichten mit PTFE-Partikeln nun ebenfalls unter einem Änderungsdruck. Grund ist die Reduzierung des Einsatzes von PFAS-Substanzen, zu denen PTFE zählt, sowie für das Dispergieren benötigte PFAS-Tenside. Mit diesem Thema befasst sich Alfadil Mohammedbrhan, riag Oberflächentechnik AG. Seiner Kenntnis nach sind derzeit für PTFE keine geeigneten Alternativen bekannt, lediglich PFAS-Tenside sind substituierbar.

Außenstromlos abgeschiedene Nickel-Dispersionsschichten mit eingelagertem PTFE zeichnen sich durch einen niedrigen Reibungskoeffizienten (Coefficient of Friction, CoF) und gute Antihafteigenschaften aus; die bewährte gleichmäßige Schichtdickenverteilung von Chemisch-Nickel-Schichten bleibt erhalten. Für die Herstellung und Stabilisierung der Dispersion einerseits sowie für die Mitabscheidung beim Vernickeln anderseits werden Tenside benötigt, die mit dem verwendeten PTFE-Pulver kompatibel sein müssen. Fluor-Tenside erfüllen diese Eigenschaften in idealer Weise, sie sollen aber den Ausführungen des Vortragenden zufolge im Rahmen des PFAS-Beschränkungsvorschlags ECHA/NR/23/01 verboten, mindestens aber deren Anwendung reglementiert werden. Als mögliche Alternative für die bisher genutzten Systeme zur Abscheidung von Nickel-PTFE kommt ein System in Betracht, bei dem PTFE ohne Einsatz eines Tensids mit PFAS verwendet wird. Als besonderer Vorteil ist zu verzeichnen, dass ein höherer Anteil an PTFE (bis 30 Prozent) eingebaut werden kann. Neben der höheren Einbaurate an PTFE weisen die Schichten aus den neuen Elektrolytsystemen eine geringere Rauheit auf.

In der Praxis ergeben sich durch unterschiedliche pH-Werte Änderungen der Einbaurate. Die Abscheidegeschwindigkeit verringert sich mit sinkendem pH-Wert und mit sinkender Elektrolyttemperatur. Die Gleiteigenschaften sind maßgeblich vom PTFE-Gehalt in der Schicht abhängig, wobei auf einen Maximalwert des Einbaus zu achten ist. Bei Gehalten von deutlich über 30 Prozent nimmt die mechanische Festigkeit der Schicht ab. Einen leichten Anstieg zeigen die Antihafteigenschaften, ausgedrückt durch den Kontaktwinkel, mit steigendem PTFE-Gehalt der Schicht.

Für die Weiterentwicklung der Brennstoffzellentechnik werden kleine, kostengünstige, flexibel auslegbare und einfach handhabbare Sensorbrennstoffzellen benötigt. Zu deren Entwicklung und Herstellung eignen sich additive Fertigungsverfahren in Kombination mit Galvanotechnik zur Erzeugung der metallischen Aktivflächen. Miriam Dürr, fem Forschungsinstitut Edelmetalle und Metallchemie, beschrieb in ihrem Vortrag die Herstellung von Sensorbrennstoffzellen, mit denen sowohl die Entwicklung erleichtert werden soll als auch die bestehenden Brennstoffzellen auf ihre Qualität hin geprüft werden können. Diese Sensorbrennstoffzellen müssen flexibel und kostengünstig herstellbar sein.

Die additive Fertigung gewährleistet die erforderliche Flexibilität bei geringen Kosten. Als Fertigungsschritte erfolgen nach dem Erzeugen des Grundkörpers, zum Beispiel aus dem Kunststoff PA12, eine mechanische Oberflächenbearbeitung (Glätten) sowie eine galvanische Metallisierung. Der Kunststoff PA12 besitzt eine gute chemische und thermische Beständigkeit. Die mechanische Glättung wird am einfachsten durch Trowalisieren mit Glasperlen sowie durch chemische Glättung erzielt.

Für die Beschichtung der Zelle wurde bei den bisherigen Arbeiten ein mehrstufiger Prozess aus ALD, Elektronenstrahlverdampfen sowie einer galvanischen Metallabscheidung genutzt. Partielle Beschichtung wird durch Aufbringung einer Maskierung realisiert. Die galvanische Schicht muss aus einem korrosionsbeständigen Metall bestehen, wobei sich hierfür sowohl eine chemische als auch eine galvanische Abscheidung eignen.

Gute Ergebnisse wurden durch die Kombination aus chemischer und galvanischer Abscheidung auf einer chemisch geglätteten Oberfläche erzielt. Die chemische Beschichtung gewährleistet eine vollständige Bedeckung auch der komplexen Geometrien; aufgrund der geringen Abscheidegeschwindigkeit sind jedoch nur Schichtdicken von wenigen Mikrometern (bzw. unter 1 µm) sinnvoll.

Hans-Joachim Kraft, MacDermid Enthone, stellte ein neues Verfahren zur chemischen Abscheidung von Nickel-Phosphor-Zinn vor. Die damit hergestellten Schichten verfügen über eine hohe Korrosionsbeständigkeit bei gleichzeitig robustem Prozess und geringerem Metallgehalt im Elektrolyten. Damit lassen sich die Kosten des Verfahrens senken. Nickelschichten mit hohem Phosphorgehalt (über 10,5 Prozent) besitzen eine wesentlich höhere Korrosionsbeständigkeit als solche mit geringerem Phosphorgehalt.

Neben dem ternären Stoff in der Legierung Nickel-Zinn-Phosphor spielt für die Beständigkeit der Schichten ein neuartiges Additivsystem eine wichtige Rolle. Die Abscheidegeschwindigkeit erreicht zu Beginn Werte von etwa 18 µm/h und sinkt bei zunehmender Nutzungsdauer (4 MTO) auf etwa 10 µm/h ab. Vorteilhaft ist, dass die inneren Spannungen während der gesamten Nutzungsdauer im Bereich von Druckspannungen liegen und sich nur geringfügig ändern. Druckspannungen steigern nach Aussage des Vortragenden die Haftung auf dem Substrat. Der Zinngehalt der Legierung liegt bei knapp 2 Prozent und erfordert keine zusätzlichen Additive im Elektrolyten. Die Härte der Schicht liegt im Zustand der Abscheidung bei 450 HV100 bis 500 HV100. Durch Tempern bei 400 °C lassen sich diese auf Werte bis zu 900 HV100 steigern.

Die Korrosionsbeständigkeit wird im Allgemeinen mittels Salpetersäuretest geprüft. Neue Elektrolyte ergeben mehr als 4 Minuten im Test und die Werte sinken bei 4 MTO auf mehr als 2 Minuten, porenfreie Schichten werden auch bei Dicken von deutlich unter 12,5 µm erreicht. Durch das neue System zur Abscheidung von Nickel-Zinn-Phosphor werden die Beschichtungen kostengünstiger, da bei deutlich geringerer Schichtdicke die erforderlichen Eigenschaften (Korrosion, Verschleiß) erreicht werden.

Die Entwicklung von neuen, umweltfreundlichen Elektrolyten, insbesondere in der Edelmetallabscheidung, ist Forschungsgegenstand in der Galvanotechnik. Ein Thema, mit dem sich Dr. Christoph Baumer, TU Ilmenau, beschäftigt, ist die Entwicklung eines cyanidfreien Elektrolyten zur Abscheidung von dicken Silberschichten.

Dicke Silberschichten von mehr als 20 µm bis zu 250 µm lassen sich mit kommerziell erhältlichen Verfahren ohne Cyanid nicht herstellen, sind aber in der Elektrotechnik von größerem Interesse. Die Verwendung neuartiger Komplexbildner erfordert eine gänzlich neue Formulierung des Elektrolyten. Additive, Leitsalze und Puffer müssen neu konzipiert werden. Für die entsprechende Untersuchung des Abscheidemechanismus und der Wirkungsweise der Zusätze wurde auf klassische Methoden zurückgegriffen.

Es zeigt sich, dass bei cyanidfreien Elektrolyten raue Schichten auftreten oder eine verringerte Haftfestigkeit auf Nickel besteht. Grundsätzlich können cyanidfreie Elektrolyte bei niedrigem pH-Wert (unter 2) oder im alkalischen Bereich (pH 9 bis 12) betrieben werden. In diesen Systemen ergeben sich hohe Differenzen des Nernstpotenzials, das ausgeglichen werden muss, um haftfeste Beschichtungen zu erlangen; das heißt, die Silberionen müssen komplexiert werden. Dazu wurden einige mögliche Komplexbildner wie Thiole, Amine, Phosphonsäuren, Imide, Aminosäuren oder Carbonsäuren untersucht. Gute Ergebnisse sind zum Beispiel mit Dimethylhydantoin (pH 10) zu erwarten. Die Makrostreufähigkeit ist bei alkalischem und saurem System in etwa vergleichbar, aber schlechter als bei cyanidischen Verfahren.

Im Weiteren wurde untersucht, welche Glanzadditive für cyanidfreie System geeignet wären, wie beispielsweise Butendiol oder Cystein, durch die sich die Mikrostreufähigkeit beeinflussen lassen sollte. Die Ergebnisse bezüglich Mikrostreufähigkeit sind bisher nicht zufriedenstellend, wobei vier Zusätze an Elektrolyten untersucht wurden. Nachteilig ist unter anderem die sinkende Haftfestigkeit bei den getesteten Elektrolyten. Eventuell aussichtsreich wären kombinierte Einsätze von alkalischen und sauren Systemen.

 

Technologien/Verfahren für optimierte Nachhaltigkeits-Performance: Energie, Carbon Footprint und Materialeffizienz

Nachhaltigkeitsthemen spielen in den verschiedensten Industrien eine immer größere Rolle, sei es beim Einsatz bestimmter Chemikalien oder Energie- und Ressourcen. Dr. Michael Schem, MacDermid Enthone Industrial Solutions, beleuchtete verschiedene Aspekte von Anforderungen nachhaltigen Wirtschaftens, bezogen auf den Themenbereich Versiegelungen und Topcoats und legte dabei den Fokus auf neue Märkte.

Kosteneinsparungen und fleckenfreie Trocknung sind Dauerthema in der Oberflächentechnik. Norbert Fessler, safedry, ging in seinem Vortrag neben technischen und wirtschaftlichen Aspekten der Trocknung auf die physikalischen Grundlagen des Trocknens ein. Wichtige Parameter der Trocknungsgeschwindigkeit sind die Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftdruck und Luftgeschwindigkeit. Weitere Kenngrößen einer effizienten Trocknung betreffen den Energiefluss einer Trocknungsanlage (Materialerwärmung, Konvektion, Wasserverdunstung, Wärmeverluste des Trockners). Daraus leitete er die Rahmenbedingungen für ein Trocknungssystem ab, zu denen die Abwärmenutzung der Ventilatoren, die Art der Heizung, Isolierungen des Trockners, Tropfenabscheider, Luftentfeuchtung oder Ausstattung mit Deckelsystemen zählen. Aus der Aufstellung der anfallenden Kosten für die Trocknung, beginnend bei den notwendigen manuellen Arbeiten bis zu den Betriebskosten, zeigte der Vortragende die Möglichkeiten zur Minimierung der Kosten auf.

Ebenfalls mit dem Thema Trocknen in der Oberflächentechnik befasst sich Reinhold Specht, Harter GmbH. Seinen Worten zufolge ist die Trocknung vielerorts das Nadelöhr in der Fertigung, denn herkömmliche Heißlufttrockner bringen innerhalb vorgegebener Taktzeiten oft nicht den gewünschten Erfolg hinsichtlich der Trocknungsqualität. Und nicht selten verbraucht der Trockner viel Energie. Deshalb lohnt sich der Blick auf ein alternatives Trocknungsverfahren, das als förderfähige Technologie eingestuft wurde: die Kondensationstrocknung auf Wärmepumpenbasis, mit der sich laut Specht bis zu 85 Prozent Energie und Kohlenstoffdioxidemissionen einsparen lassen.

Durch einen physikalisch alternativen Ansatz hebt sich diese Art der Trocknung von herkömmlichen Verfahren ab. Durch die Entfeuchtung mit extrem trockener Luft im energetisch geschlossenen System und gezielter Luftführung werden Produkte schnell, sicher und energiesparend getrocknet. Die Trocknung findet in einem variablen Temperaturbereich von 40 °C bis 75 °C statt, je nach Bauteil und Prozess. Das Verfahren ist flexibel einsetzbar – für Batchbetrieb oder kontinuierliche Anwendungen. Neben der Chargentrocknung mittels Gestelltrocknern kann auch die Trocknung von Schüttgütern direkt im Behältnis umgesetzt werden. Und auch die Trocknung von industriellen Schlämmen aus der Abwasserreinigung ist möglich.

Wenn die beim Feinbeizen von Leiterplatten verwendete Beizlösung mehr als 20 g/l Kupfer enthält, verliert die Beizlösung ihre Wirkung und muss durch frische ersetzt werden. Die verbrauchte Beizlösung wird der Abwasserbehandlung zugeführt. Dr. Jens Krümberg, Eilenburger Elektrolyse- und Umwelttechnik GmbH, stellte in seinem Vortrag eine Technologie vor, mit der das in der Beizlösung enthaltene Kupfer als Metall aus der Lösung entfernt und somit zurückgewonnen wird. Gleichzeitig wird das zu Natriumsulfat (Na2SO4) reduzierte Natriumperoxodisulfat durch ein elektrochemisches Verfahren mittels diamantbeschichteter Anoden zu Natriumperoxodisulfat reoxidiert. Das Verfahren ist auch für Beizlösungen auf der Basis Tripelsalz anwendbar. Der wirtschaftliche und auch der umweltschonende Effekt besteht darin, dass die Beizlösung recycelt wird und dabei bis zu 90 Prozent des Natriumperoxodisulfats oder des Tripelsalzes eingespart werden können. Darüber hinaus entsteht wiederverwendbares metallisches Kupfer in Form von Kupferanoden.

Dr. Eckart Giebler, Collini GmbH, befasste sich in seinem Vortrag mit der Konzentrationssteuerung und mit Stoffverlusten in Abscheideprozessen mit Rückführspüle (auch als Sparspüle bezeichnet), also der ersten Spüle nach einem galvanischen Beschichtungsprozess. Durch die Rückführung werden dem Prozess wertvolle Stoffe wieder zugeführt und deren Verschleppung ins folgende Spülsystem verhindert. Wie Dr. Giebler betonte, ist eine Metalleinsparung durch die Rückführung in vielen Fällen stark limitiert.

Ein mathematisches Modell von Abscheideprozess und Rückführspüle dient zur Analyse der stofflichen Verhältnisse im Rückführprozess. Dieses lässt erkennen, dass die sich im Prozess einstellende Metallkonzentration von der Verschleppung und der Rückführung abhängt. Wird entsprechend der natürlichen Verdunstung vollständig zurückgeführt, stellt sich stationär eine natürliche Metallkonzentration ein. Ist diese Konzentration höher als die Sollkonzentration, bedeutet das einen nicht erwünschten Anstieg der Metallkonzentration. Diesem Anstieg kann durch Verwurf aus dem Prozess oder aus der Rückführspüle entgegengewirkt werden. Daraus folgt, dass die Drosselung der Rückführung eine elegante Alternative sein kann, und damit eine einfache Steuergröße zur Absenkung der Metallkonzentration.

Jedoch ist die Minimierung der Metallverluste unabhängig von der Steuerung der Metallkonzentration zu betrachten. Je nach Festlegung der Sollkonzentration ergibt sich für einen Rückführprozess ein Überschuss- oder ein Defizitbetrieb. Im häufig auftretenden Überschussbetrieb kann das sich anreichernde Metall durch Verwurf aus dem Prozess oder aus der Rückführspüle sowie durch Drosselung der Rückführung entzogen werden. Aber in allen drei Fällen ist das Metall für den Prozess verloren und muss durch Abwasserbehandlung entfernt werden. Der einzige Weg, um Metallverluste zu minimieren, ist die Verringerung der Differenz zwischen anodischer und kathodischer Stromausbeute.​​​​

Elektrokatalytische Elektroden spielten eine lange Zeit keine nennenswerte Rolle in der Galvanotechnik, wie im Vortrag von Christian Kurrle, Umicore Galvanotechnik, und Marvin Wagner, BIA, betont wurde. Erst mit der Anwendung der dekorativen Verchromung unter Einsatz von Elektrolyten auf Basis von Chrom(III)-Verbindungen wurde der Bedarf an Anoden mit Shielding erforderlich, um die Organik im Elektrolyten zu schützen, die beispielsweise für die Glanzbildung bei der Abscheidung unerlässlich ist. Als Ursache des Effekts wurden unbeschichtete Schnittkanten der Anode und unbeschichtete Stromzuführungen identifiziert. Als Lösung wurden vorgefertigte Anoden erkannt, bei denen kein freies Titan im Elektrolyten vorliegt. Ein weiterer Schritt war die Verbesserung der Lebensdauer der Anoden durch einen dickeren Topcoat. Doch dies führte zu höherem Widerstand und verkürzte die Lebensdauer drastisch.

Gemeinsam mit Partnern und Herstellern von Elektrolyten wurden Anoden und Prozesse optimiert. Als eine der Herausforderungen gilt der steigende Preis für Iridium, das in der Anodenbeschichtung benötigt wird. Inzwischen liegen nach Aussage der Vortragenden Anodenausführungen vor, welche die Erfordernisse der Beschichtungsbetriebe in allen Belangen erfüllen.

 

Kathodischer Korrosionsschutz

Die Vortragsreihe mit Schwerpunkt Korrosionsschutz eröffnete Tomislav Maric, MKS Atotech, mit einer Darstellung der Herausforderungen und Auswirkungen des Verbots von PFAS für Zinklamellenbeschichtungen auf die gesamte Lieferkette. Die perfluorierten Chemikalien zeichnen sich durch ihre hohe Beständigkeit aus, was aber auch bedeutet, dass sie in der Natur nicht abgebaut und so in Lebewesen angereichert werden. Eingesetzt werden die künstlich hergestellten Verbindungen in breitem Maße als Inhaltsstoffe in Antihaftmittel, Reinigungsmittel, Kleidung, Löschmittel oder Dichtungsstoffen. Um eine stetige Verunreinigung in der Natur zu unterbinden, legte die Europäische Chemikalienagentur ECHA Anfang 2023 einen Vorschlag für eine Beschränkung von PFAS vor.

In Zinklamellenbeschichtungen fungiert PFAS (in Form von PTFE) als Schmierstoff, da aufgrund seiner hohen thermischen Stabilität die Schmierwerte in einem breiten Temperaturfenster (Einbrenntemperatur) konstant gehalten werden können. Als Alternative wurden Beschichtungen ohne PFAS entwickelt, die für verschiedene Einsatzfälle die erforderlichen Eigenschaften besitzen. Die neuen Systeme befinden sich aktuell in der Einführungsphase. Allerdings kommen die Beschichtungen nach den Erfahrungen des Vortragenden mit kontaminierten Stoffen in Berührung, die in die Beschichtung aufgenommen werden, wie beispielsweise kontaminiertes Wasser oder Anlagen und vorhergehende Bearbeitungen, so dass trotzdem von Fall zu Fall PFAS enthalten sein können.

Aluminiumlegierungen zeichnen sich durch gute Korrosionsbeständigkeit aus und erlauben hierdurch den Schutz von anderen Metallen, wobei die Eigenschaft des kathodischen Korrosionsschutzes insbesondere von Stählen von Interesse ist. Um eine Beschichtung zu ermöglichen, ist der Einsatz von aprotischen Systemen erforderlich, mit denen sich Andreas Waibel, Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA, befasst. Er stellte in seinen Ausführungen ein Elektrolytsystem zur Abscheidung von Aluminium-Zink vor. Aluminium-Zink ist vor allem als Ersatz von Kadmiumschichten in der Luft- und Raumfahrt von Interesse.

Im Gegensatz zu reinem Aluminium hat Aluminium-Zink den Vorteil, dass die Legierung keine stark hemmende Passivschicht aufweist. Die Abscheidung aus aprotischen Lösungen muss unter Schutzgas erfolgen, da die Lösemittel empfindlich gegen Luft und Feuchtigkeit sind. Alternativen sind ionische Flüssigkeiten, die allerdings sehr kostenintensiv in der Herstellung sind. Einfacher herstellbar sind stark eutektische Lösemittel. Waibel hat zur Abscheidung Toluol mit Aluminiumchlorid, Lithiumchlorid und Zinkchlorid verwendet. Damit lassen sich Abscheidestromdichten bis 2 A/dm2 erreichen. Für das System wurden die verfügbaren Parameter wie Hydrodynamik, Komplexbildner, Anoden oder organische Additive optimiert, um gleichmäßige Abscheidungen zu erzielen. Einen starken Einfluss hat die Art der verwendeten Anoden; in Betracht kommen getrennte Aluminium- und Zinkanoden sowie Aluminium-Zink-Legierungen, wobei eine Legierungsanode besser zu handhaben ist. Nachteilig ist jedoch der stark schwankende Zinkgehalt im Elektrolyten.

Abgeschieden werden Schichten mit Zinkgehalten zwischen 10 und 15 Prozent. Geringere Schwankungen der Zusammensetzung werden mit Einzelanoden erreicht, wobei hier der Prozessaufwand höher ist. Die Abscheidegeschwindigkeit beträgt etwa 0,2 µm pro Minute. Die Härte der Schicht liegt bei etwa 100 HV. Bei Gehalten von 1 bis 30 Prozent Zink ergeben sich kompakte und geschlossene Schichten. Bei einem Gehalt von 4 Prozent Zink und mehr zeigen die Schichten ein gutes Verhalten als kathodischer Korrosionsschutz, vergleichbar mit Kadmium. Allerdings muss die Eigenkorrosion der Schichten noch verbessert werden.

Zink-Nickel-Beschichtungen in Verbindung mit einer leistungsstarken Passivierung werden häufig eingesetzt, um den anspruchsvollen Standards der Automobilindustrie gerecht zu werden. Obwohl diese Kombination Vorteile wie hohe Stromausbeute und schnelle Beschichtungsgeschwindigkeit bietet, stört nach Aussage von Katrin Krüger, Atotech Deutschland, das frühzeitige Auftreten eines optischen Defekts im Salzsprühtest, bekannt als White Haze oder weißer Schleier. Dieser erscheint recht kurz nach dem Kontakt mit feuchter Luft und bleibt lange Zeit unverändert, bis Weißrost als kathodischer Korrosionsschutz einsetzt. Er beeinträchtigt eindeutig das dekorative Erscheinungsbild der Teile.

Die größte Herausforderung bei der Klärung der Erscheinung besteht darin, die sehr dünn erscheinende Schicht von nur wenigen Nanometern zu untersuchen. Dazu wurde ein statistischer Ansatz verwendet, der durch Planung und Datenanalyse mit der JMP-Software unterstützt wurde. Untersuchungsmethoden wie SEM/EDX, Ramanspektroskopie, XRD oder XPS mit Tiefenprofilierung lieferten wichtige Informationen über die chemische Zusammensetzung der Schicht und der Korrosionsprodukte. Die Untersuchungen zeigen den Unterschied zwischen Weißschleier und Weißrost, die Hauptfaktoren, welche die Bildung von Weißschleier beeinflussen und lassen Rückschlüsse auf den Mechanismus der Weißschleierbildung zu.

 

Von der Prozessüberwachung zur Produktqualität

Bei der Produktion von Bauteilen oder Bandware kommt es nicht selten zu Oberflächendefekten, wobei bereits minimale Defekte die Funktion eines Produkts beeinträchtigen oder zu Problemen bei der weiteren Verarbeitung führen können. Am Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM wurde ein optisches Messsystem, vorgestellt von Andreas Hofmann, entwickelt, mit dem die Qualität von Bauteiloberflächen im Produktionstakt geprüft werden kann.

Hierbei handelt es sich um ein Freifallsystem, mit dem eine weitgehend typenunabhängige Inspektion von Bauteilen ohne zusätzliches Handling bis zu einer Größe von 200 Millimetern durchgeführt werden kann. Das Bauteil wird im freien Fall durch die Inspektionskugel von vielen Kameras gleichzeitig inspiziert. Größere Bauteile werden in einem Inspektionstunnel ebenfalls von mehreren Kameras erfasst. Geometrische Abweichungen, Oberflächenfehler oder Beschichtungen beziehungsweise Verschmutzungen sind damit erkennbar. Nahezu alle Bauteile lassen sich mit diesem System aufgrund ihrer individuellen Oberflächenstruktur wiedererkennen. Für den Einsatz in der Praxis wird das System trainiert, wobei auf CAD-Daten der Teile zurückgegriffen wird.

In weiteren Entwicklungsarbeiten wird der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) geprüft. Diese soll die Erkennung von Anomalien bei komplexen Teilen möglich machen. Damit könnte dann der Prüfumfang ausgedehnt werden und würde Arbeiten wie das Sortieren/Identifizieren, Prüfen von Oberflächen, Maßhaltigkeit, Reinheit und Beschichtungsdaten umfassen.

Röntgenquellen in ED-XRF-Messgeräten sind häufig mit Wolfram (W) als Anodenmaterial ausgestattet, da Wolfram sowohl über eine exzellente chemische und thermische Langzeitstabilität verfügt als auch aufgrund seiner hohen Ordnungszahl ein sehr intensives und universell einsetzbares Anregungsspektrum liefert, das sich für viele Applikationen in der Schichtdickenmessung sowie in der Analytik als vorteilhaft erweist. Bei einzelnen Anwendungen kommt es aber nach Aussage von Dr. Cay-Uwe Pinnow, Helmut Fischer GmbH, zu Limitierungen aufgrund der charakteristischen Linien des Wolframs, sodass für spezielle Anwendungen bessere Alternativen hilfreich sind. Zu diesen Anodenmaterialien zählen Elemente wie beispielsweise Molybdän, Chrom oder Rhodium. Der Vortragende diskutierte in seinem Beitrag den Einfluss des Anodenmaterials sowie die Vor- und Nachteile an Applikationsbeispielen aus der industriellen Praxis. Dabei handelte es sich um hochpräzise Bestimmungen des Phosphorgehalts in chemisch abgeschiedenem Nickel.

Kritische chemische Parameter in Elektrolytlösungen werden klassischerweise mittels nasschemischer Verfahren bestimmt. Dabei stellen Titration oder Photometrie nach den Erfahrungen von Daniel Schlak, Deutsche Metrohm, etablierte Verfahren dar, die in robusten Prozessanalysesystemen für eine effiziente Steuerung galvanischer Elektrolyte eingesetzt werden. Eine Möglichkeit, dem anhaltenden Kostendruck aufgrund steigender Personalkosten zu begegnen, ist der Einsatz von intelligenter Mess- und Regeltechnik für die präzise Elektrolytüberwachung. Ansätze für eine hohe Prozesseffizienz und -optimierung liegen in der Automatisierung der etablierten Analyseverfahren sowie dem Einsatz von chemikalienfreien Techniken mittels moderner Prozessanalysatoren.

Empfehlenswert sind nach Meinung des Vortragenden Prozessanalysatoren, die Genauigkeit präziser Laborsysteme mit robusten Modulen zum Probenhandling und einer anwenderfreundlichen Steuersoftware für die Kommunikation mit allen gängigen Leitsystemen vereinen. Neben den Verfahren Nasschemie, Ionenchromatographie und Spektroskopie bietet die Röntgenfluoreszenz eine interessante Möglichkeit für eine umfassende Analysenausstattung. Anhand eines Praxisbeispiels stellte der Vortragende den Einsatz einer voll automatisierten Lösung zur Überwachung kritischer Parameter mittels Röntgenfluoreszenz bei einem galvanischen Zink-Nickel-System vor. Zu den Vorteilen des Analysesystems zählt eine sehr kurz Analysendauer, einfachste Anlagenbedienung, das Entfallen von Reagenzien für die Analyse sowie hohe Flexibilität bei der Gestaltung des Analysemoduls.

 

Trends und Entwicklungen in der Kunststoffmetallisierung

Jörg Friedrich, Car Men GmbH, zeigt detailliert, welche Veränderungen sich durch neue Designvorstellungen von bisher metallisierten Oberflächen bei Fahrzeugen ergeben werden. Von diesen Entwicklungen sind in den nächsten Jahren vor allem die Teile im Fahrzeuginneren betroffen, da im Außenbereich bereits seit mehreren Jahren metallisierte Teile nur in geringem Umfang Verwendung finden. Dabei laufen die Entwicklungen in den maßgeblichen Regionen (Europa, Amerika, China/Asien) mit unterschiedlicher Dynamik ab. Allen gemein ist ein starker Trend zur Reduzierung von Metalloberflächen auf Kunststoffteilen hin zu Glas, das mehr Möglichkeiten zur Gestaltung des Erscheinungsbildes bei gleichzeitiger hoher Robustheit im Einsatz aufweist. Des Weiteren wird großer Wert auf eine hohe Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit bei der Verwendung von Kunststoffen und Metallen gelegt. Damit werden in Zukunft in hohem Maße recycelte Materialien zum Einsatz kommen. In diesem Zusammenhang wird von den Teileherstellern erwartet, dass sie die Teile nach deren Lebensende zur Aufarbeitung zurücknehmen.

Die derzeitigen und künftigen Umweltvorschriften haben erhebliche Auswirkungen auf die Anwender von Kunststoffbeschichtungen (POP) und dekorativen Beschichtungen (DECO). Die zu erwartenden Vorschriften werden zu weiteren Einschränkungen der Beschichtungschemie führen, so die Ausführungen von Dr. Andreas Königshofen, MacDermid Enthone. Dies wird neue Herausforderungen für die Entwicklung von Prozessen mit sich bringen, die den strengen Leistungsstandards der OEMs entsprechen und gleichzeitig die gesetzlichen Anforderungen an die Sicherheit der Mitarbeiter und den Schutz der Umwelt erfüllen.

Um die Einhaltung dieser anstehenden Vorschriften zu gewährleisten, wird die Entwicklung kritischer Technologien für Kunststoffsubstrate ohne Chrom(VI)-Verbindungen deutlich intensiviert, wobei sich die Arbeiten auf Beizen ohne Chrom(VI) und die dekorative Verchromung aus dreiwertigen Systemen richten. Den OEMs wurden einige technische Optionen als Alternativen zu dekorativen Oberflächen aus Verfahren mit sechswertigem Chrom angeboten. Das Aufkommen von dekorativen Systemen mit dreiwertigem Chrom mit chrom(VI)-freier Nachbehandlung besitzt bereits jetzt eine breite Akzeptanz. Dabei wurde die farbliche Vielseitigkeit von Oberflächen aus dreiwertigen Chromsystemen in Verbindung mit satinierten Oberflächen bei Designern durch hohe kreative Freiheit als Vorteil bewertet.

Basierend auf der Leistung in kritischen Tests wie CASS, NSS und Farbstabilität ist das vollständig chrom(VI)-freie Dekorsystem der bevorzugte Ersatz. In jüngster Zeit haben Automobilhersteller damit begonnen, chrom(VI)-freie Dekorationsverfahren für die Produktion von Fahrzeugteilen vorzuschreiben. Neue, innovative Messmethoden erleichtern und ermöglichen das Anwenden, zum Beispiel durch die kurze Prüfzeit beim CASS-Test. Auch die Nutzung einer chrom(VI)-freien Passivierung zeigt ähnlich gute passivierende Eigenschaften wie chrom(VI)-haltige Systeme.

Das Beizen von Kunststoffoberflächen für die galvanische Beschichtung schafft bekanntermaßen die Voraussetzung für die weiteren Prozessschritte wie Aktivierung, Beschleunigung und Metallabscheidung, wie Dr. Sarah Schmitz, Delta Engineering & Chemistry, einführend betonte. Um Alternativen für das bisher eingesetzte Beizen mit Chrom(VI)-Verbindungen zu schaffen, befasste sie sich mit der Entwicklung einer Methode unter Einsatz von gelöstem Ozon. Damit würde neben Permanganat und Schwefeltrioxid eine weitere Alternative zu Chrom-Schwefelsäure zur Verfügung stehen.

Der große Vorteil bei der Verwendung von Ozon beruht auf der Tatsache, dass es aus Sauerstoff generiert wird und in diesen auch wieder zerfällt. Generatoren zur Erzeugung von Ozon aus gasförmigem Sauerstoff werden bereits in der Halbleiterindustrie eingesetzt. Bei Einsatz von Ozon fällt auch kein zu behandelndes Abwasser an. Für den Beizprozess wird Ozon unter Druck in Wasser eingeleitet, das dann wiederum als Beizmedium für den ABS-Kunststoff fungiert. Die Technologie ist sehr einfach in bestehende Anlagen integrierbar und erfordert zudem keine Absaugung oder Entgiftung. Die Zeit, die Ozon im Medium verbleibt, ist regulierbar auf Bereiche zwischen einigen Sekunden bis zu einigen Stunden.

Aktuell wird das Verfahren in Solingen in einer Versuchsanlage getestet. Die Beizdauer liegt bei Konzentrationen von 20 ppm bis 80 ppm zwischen etwa 10 Minuten und etwa 20 Minuten bei Temperaturen der Ozonlösung von 25 °C bis 50 °C. Das Beizbild entspricht weitgehend dem durch die Behandlung mit Chrom-Schwefelsäure. Bei dem neuen Verfahren ist darüber hinaus kein Queller erforderlich wie bei der Verwendung von Permanganat. Die Haftfestigkeiten der aufgebrachten Metallschichten erfüllen die Vorgaben. Vorteilhaft ist bei diesem Verfahren auch die hohe Selektivität bei Bauteilen aus den üblicherweise verwendeten Kunststoffen.

Dr. Sven Neudeck, SurTec International, stellte einen Prozess für die dekorative Beschichtung vor, der von der Vorbehandlung bis zur Endschicht vollständig ohne Chrom(VI)-Verbindung auskommt und damit alle regulatorischen Vorgaben erfüllt. Der Schwerpunkt liegt auf einer manganbasierten Kunststoffvorbehandlung mit neuartigem, palladiumfreien Katalysatorsystem, durch das der Prozessablauf deutlich vereinfacht und verkürzt wird. Die Performance und die Grenzen des neuartigen Verfahrens wurden in ersten Serienläufen geprüft. Die Ergebnisse lassen keine Probleme mit der Gestellmetallisierung erkennen und zeigen eine hohen Selektivität auf 2K-Bauteilen.

Dr. Jürgen Hofinger, Biconex, stellte in seinem Vortrag ein neues Verfahren der Kunststoffvorbehandlung für eine Metallisierung vor, das ohne die übliche Beizbehandlung funktioniert und mehr Stabilität, Umweltschutz und Kosteneinsparungen bietet. Bei dem Verfahren handelt es sich um eine Gemeinschaftsarbeit von Biconex mit dem Leibniz Institut für Polymerforschung Dresden. Diese Arbeiten sind insbesondere deshalb aussichtsreich, weil aufgrund der aktuell erhöhten Sensibilität für Energie- und Ressourceneffizienz sowie Nachhaltigkeit das Potenzial für die bewährte chemisch-galvanische Beschichtung von Kunststoffen hoch ist. Schließlich ist in den letzten Jahren selbst das Recycling beschichteter Kunststoffe und die Wiederverwendung der Metalle und Kunststoffe in hochwertigen Produkten für Anwendungen in der Automobil- und Sanitärbranche erfolgreich demonstriert worden.

Dass die chemisch-galvanische Beschichtung von Kunststoffen vor allem im Bereich technischer Bauteile noch immer nicht üblich ist, liegt unter anderem an den starken Abhängigkeiten der Teilprozesse von der Auswahl der Kunststoffe über den Spritzguss bis zum galvanischen Verfahren, einem hohen Qualitätsrisiko, aufwändigem Upscaling der Prozesse sowie dem Vorhandensein konventioneller Anlagen für die Beschichtung. Die großen Potenziale sind allerdings nicht nur durch kleine schrittweise Verbesserungen zu erreichen, wobei das Beizen nach Überzeugung des Vortragenden ein besonders lohnenswertes Ziel ist.

Ein neues Verfahren, das langsam Serienreife erlangt, verlagert diesen Prozessschritt in die Spritzgießmaschine. Hierbei wird ein partikelhaltiger Modifikator vor dem Spritzvorgang in das Spritzwerkzeug eingesprüht. Die Partikel gelangen dadurch in die Oberfläche des Kunststoffwerkzeugs und werden anschließend mit Salzsäure herausgelöst und erzeugen die erforderliche poröse Oberfläche. Diese Technologie bietet sich auch für eine partielle Metallisierung an und hat damit gute Voraussetzungen zur Herstellung sehr unterschiedlicher und komplexer Metall-Kunststoff-Kombinationen.

Bernd Frank, Atotech Deutschland, beschäftigte sich mit der Förderung der Nachhaltigkeit, der Verbesserung der Umweltleistung und der Ressourceneffizienz sowie ehrgeiziger Rahmenbedingungen für die Oberflächenbeschichtung. Als Schlüsselaspekte sieht er auf der einen Seite eine nachhaltige Beschichtung für die Automobilindustrie, frei von Chrom(VI) und PFAS bei Langlebigkeit und hoher Qualität. Andererseits ergibt sich seiner Meinung nach aus einer Studie zum CO2-Fußabdruck der Galvanik ein sehr positives Bild, indem der Material- und Energieverbrauch zur Optimierung analysiert wird, einschließlich eines Vergleichs mit alternativen Technologien. Daraus lassen sich Schlüsse ziehen im Hinblick auf eine produktionserprobte chromfreie Vorbehandlung von Kunststoffen, die Gewährleistung von nachhaltigen, dekorativen Beschichtungsalternativen ohne sechswertiges Chrom und ohne PFAS sowie eine positive Ökobilanz der dekorativen Galvanik im Vergleich zu alternativen, chromartig auftretenden Technologien. Somit sollte klar werden, dass die dekorative galvanische Beschichtung einen wertvollen Beitrag zur Reduzierung des CO2-Fußabdrucks in der Automobilindustrie leisten kann.