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ZVO-Oberflächentage 2023: „Wir sind Oberfläche!“

Die ZVO-Oberflächentage haben sich zu der wichtigsten Veranstaltung der Oberflächentechnikbranche entwickelt. Dies bewiesen erneut die #OTBerlin23 vom 13. bis 15. September 2023 im Mercure Hotel MOA Berlin, die mit einem beeindruckenden Programm mit 90 Fachvorträgen sowie einer Industrieausstellung mit 70 Ausstellern aufwarteten. Honoriert wurde das umfangreiche Angebot, das sich schwerpunktmäßig mit technologischen Fortschritten, aber auch mit dem Kampf gegen die Bürokratie befasste, durch eine hohe Teilnehmerzahl: 540 Branchenmitglieder und -begleiter waren nach Berlin gekommen, um sich zu informieren, auszutauschen und zu networken.

„Wir ermöglichen die Energiewende, wir machen Produkte langlebig und ansehnlich, wir sind Oberfläche!“ Mit diesen selbstbewussten Worten, aber auch deutlicher Kritik und Erwartungen an die Deutsche Bundesregierung eröffnete Jörg Püttbach am Abend des 13. September in Berlin die ZVO-Oberflächentage 2023. In seiner Funktion als neuer ZVO-Vorsitzender führte er erstmals durch die offizielle Eröffnungsfeier im MOA Berlin.

Nach Begrüßung der Teilnehmer und zahlreicher Ehrengäste – darunter die ehemalige Boxweltmeisterin und Keynote-Speakerin Regina Halmich –  sowie einiger Auszeichnungen durch die DGO fand Püttbach in seiner Rede zur Lage der Branche deutliche Worte: „Was sehen wir, wenn wir in die verschiedenen Branchen schauen, in die wir liefern? Was sehen wir wenn wir in unsere Betriebe schauen? Der Automobilbau in Europa, insbesondere in Deutschland schwächelt, die Baubranche ist fast zum Erliegen gekommen, nur wenige andere Branchen, denen es zurzeit noch gut geht, werden sich von dem negativen Trend abkoppeln können. Dies geht nicht spurlos an den ZVO-Betrieben vorbei. Bei vielen sind die Auftragsbücher leer.“

Er forderte von der Politik, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit sich die vorwiegend mittelständischen Branchenbetriebe auf innovative Produkte und Beschichtungen und die erforderliche Transformation zu CO2-neutralen Fertigungen konzentrieren können, um im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Anstatt gegen steigende Kosten und zunehmende Einschränkungen durch Überregulierungen und Bürokratisierung kämpfen zu müssen.

Dennoch: „Wir schauen trotz allem nach vorne und erarbeiten zukunftsfähige Lösungen“, so Püttbach. Denn die Transformation der Oberflächentechnik biete auch viele Möglichkeiten. Die neuen Technologien rund um das Thema „Grüne Energie“ kämen ohne die Oberflächentechnik nicht aus. Das gleiche gelte für den Trend zur Zirkularität.

Das Vortragsprogramm der folgenden beiden Kongresstage drehte sich entsprechend schwerpunktmäßig um Nachhaltigkeit, Klimaneutralität sowie Energie- und Ressourceneffizienz. Aber auch um Technologien zur Oberflächenfunktionalisierung außerhalb der Galvanotechnik, um die industrielle Bauteilreinigung sowie um Betriebsführungsthemen im Unternehmerforum „Management meets Oberfläche“.

Der hohe Anteil an jungen Fachleuten zeigte das große Interesse am Fachgebiet Oberflächentechnik und stimmt hoffnungsvoll, dass die Branche die hohen Erwartungen aus allen Teilen der Industrie auch in den nächsten Jahren erfüllen wird.

Funktionsschichten

Wie Dr. Adriana Ispas, TU Ilmenau, einleitend betonte, spielt die Einebnung für viele galvanische Schichten eine wichtige Rolle, beispielsweise bei der Beseitigung von Mikrorauheiten einer Oberfläche, aber auch beim Ausgleich der unterschiedlichen lokalen Stromdichten bei komplex geformten Teilen. Der zweitgenannte Effekt lässt sich durch den Einsatz von Hilfsanoden lösen, allerdings mit einem hohen manuellen Aufwand. Ausschlaggebend ist hier die Diffusionsschicht, die bei Makroprofilen der Struktur folgen kann, während dies für Mikroprofile nicht gilt. Das Resultat ist eine schlechte Mikrostreuung. Zur Bestimmung der Wirkungsweise der Einebnung dient die Größe mit der Bezeichnung Leveling, bei welcher der Ausgleich einer spaltartigen Vertiefung bestimmt wird.

Für die Untersuchung dieser Art der Einebnung wurde ein standardmäßiger Elektrolyt auf Basis von Nickelsulfat eingesetzt. Als Zusatz dienten unter anderem Stoffe wie Saccharin, Natrium-Allyl-Sulfonat oder Natriumdodecylsulfat. Während primäre Glanzbildner nicht allein helle glänzende Schichten erzeugen, können sekundäre Glanzbildner dies leisten. Allerdings erhöhen sekundäre Glanzbildner auch die inneren Spannungen der Schicht, weshalb der Einsatz der Stoffe auf die zu erzielenden Eigenschaften der Schicht abgestimmt werden sollte.

Als Kathode für die durchgeführten Untersuchungen wurde eine Matrize für Schallplatten herangezogen mit einem Abstand zwischen den Höhen von zirka 45  50 Millimetern und einer Rillentiefe von etwa 5 Millimetern. Bei der Verwendung dieses Substrats ist durch die kombinierte Zusatzzugabe eine drastische Reduzierung der Rauheit erzielbar. Durch XRD-Messungen lässt sich zudem der Einbau der Zusätze feststellen. In weiteren Untersuchungen wurde zum Beispiel die Änderung der Stromausbeute durch die Zugaben bestimmt. Wichtig ist dabei vor allem auch die passende Kombination der Zusätze. 

Einen Einblick in die praktische Umsetzung bei der Abscheidung von Nickel-Phosphor bei hohen Stromdichten bot Steffen Habekuß, Technic Deutschland GmbH. Besonders gefragt ist, dass Nickel durch das eingebaute Phosphor von magnetisch zu nicht magnetisch wechselt sowie eine hohe Verschleiß- und Korrosionsbeständigkeit besitzt. Zur Beurteilung der Beständigkeit der Schichten werden die Verschleiß- und die Korrosionsbeständigkeit als wichtigste Eigenschaften herangezogen. Dabei wird in der Regel eine Mehrfachschicht, zum Beispiel mit Nickel als Unterschicht, eingesetzt.

Auch wenn die Eigenschaften der Schichten sehr positiv sind, findet das System bisher kaum Einsatz. Vorteilhaft wäre es zum Beispiel für die Bandbeschichtung, bei der jedoch die nutzbaren Stromdichten zu gering sind. Bei einer Erhöhung der Stromdichte eines üblichen Nickel-Phosphor-Elektrolyten nimmt der Anteil an eingebautem Phosphor deutlich ab. Höhere Stromdichten können erreicht werden, wenn einem standardmäßigen Elektrolyten auf der Basis von Nickelsulfat Phosphorsäure oder eine vergleichbare Phosphorquelle zugegeben wird. Sowohl der höhere pH-Wert als auch die erhöhte Stromdichte führen zu einem höheren Anteil an Phosphor in der Schicht. Neu ist inzwischen auch die mögliche Vermessung der Schicht im Hinblick auf deren Zusammensetzung aus Nickel und Phosphor mittels Röntgenfluoreszenz.

Dr. Iulia-Cornelia Baciu, Atotech Deutschland, stellte ein neues, chemisches Abscheidesystem für Nickel-Phosphor vor, das aufgrund einer niedrigeren Elektrolyttemperatur von 75 °C umweltfreundlich und weniger kostenintensiv ist. Dieses System wurde bereits bei einigen Kunden in der Betaphasenversion getestet und wird in Kürze offiziell in den Markt eingeführt. Durch die geringere Temperatur lassen sich etwa 20 bis 30 Prozent Energie einsparen.

Zum Einsatz kommt der Elektrolyt für Phosphorgehalte von 5  bis 10 Prozent. Zudem geht aufgrund der niedrigeren Arbeitstemperatur während Stillstandszeiten auch weniger Energie verloren, woraus sich eine Energieeinsparung von aufsummiert 30 Prozent ergibt. Diese Einsparung lässt sich für die Verringerung des CO2-Fußabdrucks heranziehen. Mit dem neuen System hat die Atotech nach Eliminierung von Blei als Stabilisator einen weiteren Schritt beim Angebot an chemischen Abscheideverfahren vollzogen.

Zum Einsatz kommt das System vor allem zur Beschichtung von Nichtleitern. Dafür musste für das System der optimale Arbeitsbereich aus Temperatur, pH-Wert und Zusätzen ermittelt werden. Mit dem Prozess können etwa 15 Mikrometer pro Stunde abgeschieden werden. Bei 3 MTO wird eine Abscheiderate von 13  bis 14 Mikrometern pro Stunde erzielt, wobei lediglich geringe Mengen an Ammoniak zugegeben werden müssen. Die Phosphorgehalte bleiben über die Lebensdauer relativ konstant bei 5 bis 6 Prozent. Zur Analyse eignet sich vor allem die Bestimmung des TOC-Gehalts. Die Härte der Schichten beträgt etwa 600 HV und der Verschleiß liegt bei den für mittelphosphorhaltigen Schichten üblichen Werten.

Dr.-Ing. Roy Morgenstern, TU Chemnitz, stellte sich der Frage, auf welche Weise die Deckschichtbildung zu Beginn der plasmaelektrolytischen Oxidation von Stählen in Elektrolyten erfolgt – ob es sich um Passivierung oder Fällung handelt. Für diesen Prozess untersuchte der Vortragende alkalische Elektrolyte mit Aluminiumverbindungen. Während die plasmaelektrolytische Oxidation als Verfahren zur Herstellung von Schutzschichten bereits seit Längerem im Einsatz ist, könnte diese Technologie auch bei Stahl als Haftgrund für Stahl-Kunststoffverbunde geeignet sein. Die erzeugte Oxidschicht auf Stahl zeichnet sich durch eine geringere thermische Ausdehnung, Erzielung einer guten Haftschicht für Kunststoff sowie einen besseren Korrosionsschutz aus.

Als Vorteil der plasmaelektrolytischen Oxidation gilt unter anderem, dass bei den höheren elektrischen Spannungen in Verbindung mit einer Gasbildung aufgrund von elektrischen Funken ein Aufschmelzen der Oberflächenzone stattfindet, im Falle von Aluminium als Substrat mit sehr guten Ergebnissen. Bei Stahlsubstraten kann eine Oxidschicht bei Einsatz von silikathaltigen Elektrolyten erzeugt werden. Auf Eisenwerkstoffen lässt sich unter Einsatz von aluminiumhaltigen Elektrolyten eine Deckschicht aus Aluminiumoxid herstellen. Mit dem Verfahren wurden dünne, nicht sichtbare Schichten erzeugt, bei denen es sich sehr wahrscheinlich um eine Oxidschicht handelt. Das Verfahren eignet sich für eine gezielte Vorpassivierung von hochfesten Stählen.

Häufig werden entweder galvanische oder Gasphasenschichten für die unterschiedlichen funktionellen Einsatzfälle genutzt. Mit der Kombination der beiden Schicht- beziehungsweise Verfahrenstypen befasst sich Lukas Grohmann von der Technischen Universität Ilmenau. Die Motivation zur Herstellung der Schichtkombination liegt für Grohmann beispielsweise in einer geforderten hohen Temperaturbeständigkeit unter hohen Belastungen, wobei die Temperaturen über 1.000 °C liegen. Bisher sind Gasphasenschichten vor allem als Reib- und Verschleißschutz mit Dicken von deutlich unter 1 Mikrometer gebräuchlich, ohne den Einsatz galvanischer Schichten.

Für eine Kombination der beiden Schichtvarianten wurde Stahl mit Nickel beschichtet und darauf zwei Varianten an PVD-Schichten sowie eine CVD-Schicht aufgebracht. Die Gasphasenabscheidung wurde zur Herstellung von Titannitrid (TiN) genutzt. Die verschiedenen Schichttypen zeigen deutlich unterschiedliche Morphologien, wobei die Dicken zwischen 1 und 8 Mikrometern liegen. Auf die Titannitridschicht wurde zusätzlich eine Goldschicht galvanisch abgeschieden. Hierbei wurde festgestellt, dass die Goldschicht unterschiedlich gut die PVD/CVD-Schicht abdecken konnte. Die so hergestellten Schichten wurden auf die Haftfestigkeit der Goldschicht hin geprüft. Einflussgröße für die Haftung war unter anderem die eingesetzte Stromdichte beim Vergolden, aber auch die Schichtdicke. 

Dr. Heidi Willing vom fem Forschungsinstitut Edelmetalle + Metallchemie stellte ein schonendes TLP-Fügeverfahren bei Temperaturen unter 150 °C vor; TLP steht für Transient Liquid Phase. Dieses Fügeverfahren kommt zum Beispiel in der Mikrosystemtechnik oder der Kunststofftechnik bei Bauteilen zum Einsatz, die temperaturempfindlich sind. Die Technologie steht in Konkurrenz zum Weichlöten, Kleben oder Sintern, die alle bei Temperaturen unter 300 °C arbeiten. Bei dieser Technik geht der zuerst schmelzende Werkstoff in den flüssigen Zustand über und der höher schmelzende Werkstoff diffundiert in den geschmolzenen; bei den schmelzenden Werkstoffen handelt es sich um Indium oder Zinn.

Durch Silber als Legierungspartner kann der Schmelzpunkt zum Beispiel gesenkt werden. Ein ternäres System aus Indium-Zinn-Silber weist Schmelztemperaturen von 150 °C auf. Damit werden eine gute Formschlüssigkeit sowie ein deutlicher Vorteil durch geringeren Energiebedarf erzielt. Die Untersuchungen und Entwicklungen wurden im Rahmen eines institutsübergreifenden Projekts durchgeführt. In dem Projekt wurde daran gearbeitet, Folien aus den Werkstoffen durch galvanische Abscheidung herzustellen beziehungsweise auch Bauteile direkt mit den Lotwerkstoffen zu beschichten. Neben Legierungsschichten wurden Einzelschichten aus den Metallen erzeugt, die sich im Falle von Indium und Zinn auch ohne Wärmeeinfluss vermischen. Mit den hergestellten Folien beziehungsweise Schichten wurden Bondversuche durchgeführt, um Chips auf Leiterplatten zur befestigen. 

Neue Anforderungen an die Galvano- und Oberflächentechnik

Auch wenn Normen häufig als verpflichtende Anweisungen wahrgenommen werden, die das Leben schwer machen, so stellen sie doch eine wichtige Grundlage dar, um Produzenten ihre Arbeit deutlich zu erleichtern oder den Verbrauch an wertvollen Ressourcen und Energie einzuschränken, um nur einige Fakten zu nennen. Im Bereich der Oberflächentechnik befassen sich Tina Gläsel und Karl Morgenstern mit dem Normenwesen. Normen dienen unter anderem dazu, Vertragssicherheit zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer oder abgestimmte Produktions- und Arbeitsabläufe zu gewährleisten. Aktuell sind nach Aussage der Vortragenden insbesondere in Europa abnehmende Zahlen an Mitwirkenden im Normenwesen zu verzeichnen. Dadurch besteht die Gefahr, dass der Einfluss der europäischen Unternehmen auf die Gestaltung von Produkten deutlich sinkt und damit die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie abnimmt. Aus diesem Grund ist es notwendig, mehr Unternehmen und deren Mitarbeitende für die Arbeit im Normenwesen zu begeistern. 

Eine durchdachte Betriebsorganisation sollte für jedes Unternehmen eine Selbstverständlichkeit sein. Die gängigen Managementsysteme wie Qualitätsmanagement, Umweltmanagement oder zahlreiche andere eignen sich nach Aussage von Oliver Brenscheidt, Brenscheidt Galvanik Service (BGS), zur Selbstvergewisserung. Es ist aber nicht für jedes Unternehmen klar erkennbar, dass sich der Aufwand dieser Systematiken wirklich lohnt, das heißt, dass es sich für das Unternehmen rechnet. Insbesondere kleinere Inhouse-Galvaniken, die vielleicht schon seit vielen Jahren ihre Dienste anbieten, unterliegen häufig einem Management nach dem Motto „Das war schon immer so“. Die Unternehmensleitung sieht dann oft keinen Bedarf, sich mit Themen wie Wissenssicherung zu beschäftigen.

Durch die Erfahrung im Bereich des Qualitätsmanagements konnte die BGS die Essenz aus den Anforderungen all dieser Systeme destillieren. Herausgekommen ist ein schlankes, theoretisch analog umsetzbares System, das den Betrieb einer Galvanik beschreibt und Werkzeuge zur Verfügung stellt, um das Produktionsergebnis auf einem definierten Niveau zu halten. Das System ist so angelegt, dass es jederzeit zu einem vollwertigen Managementsystem ausgebaut werden kann. Zudem funktioniert es mit einfachen Office-Anwendungen. 

Grundprinzip ist immer die strikte Trennung von Produktion und Wartung. Die Produktion kann auch ohne tiefere Kenntnisse der Beschichtungstechnologie aufrechterhalten werden, während die Instandhaltung ganz oder teilweise durch eigenes oder externes Fachpersonal abgebildet wird. So kann theoretisch auf den Einsatz von Fachpersonal ganz oder teilweise verzichtet werden. Redundanzen können vermieden werden. 

Neue Herausforderungen ergeben sich derzeit durch die zunehmende Anwendung von Wasserstofftechnologien, mit denen sich Patricia Preikschat, presch matters GmbH, befasst, speziell der Wasserstoffverträglichkeit von Werkstoffen. Zahlen von IRENA (International Renewable Energy Agency) zum Einsatz von grünem Wasserstoff bei der Energiewende gehen von starken Steigerungsraten aus. Interessant ist die Feststellung, dass der größte Teil des Wasserstoffs in Afrika erzeugt wird. Für die Erzeugung, Verteilung und Lagerung von Wasserstoff werden zahlreiche Komponenten eingesetzt, die in Berührung mit Wasserstoff kommen.

Problematisch ist hierbei nicht die Wasserstoffversprödung, sondern eine latente Explosionsgefahr; hinzu kommt eine hohe Neigung zur Diffusion. Nachteilig ist die niedrige volumenbezogene Energiedichte. Dies macht den Einsatz von Drucktanks erforderlich, die im Idealfall mit einer Barriere für die Materialoberfläche aus Wolfram ausgestattet werden könnten. 

Die aktuell erhältlichen Varianten von Tanks für Drucke zwischen 200 bar und 700 bar basieren auf unterschiedlichen Kombinationen; meist handelt es sich um Kunststoffmantel mit Beschichtungen, aber auch Schichtkombinationen mit elektrochemisch arbeitenden Kombinationen für vollständige Diffusionssperren. Als Barrieren kommen des Weiteren MAX-Phasen zur Anwendung. In einem neuen Projekt werden Verfahren der Galvanotechnik in Form der Metallabscheidung und Anodisation auf deren Einsatzfähigkeit hin untersucht. Derzeit wird geprüft, welche Varianten sich für die Anwendung in der Wasserstofftechnik eignen. 

Die Vorbehandlung (Entfetten und Beizen) von Metallteilen in Beschichtungsprozessen ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für eine applikationsgerechte Schichthaftung. Jens Riedel, iChemAnalytics GmbH, zufolge ergeben sich hierbei eine Reihe von Fragen, beispielsweise bezüglich des Einsatzes von Beizinhibitoren, deren Charakterisierung, deren Funktion zur Vermeidung von Wasserstoffversprödung oder der Auslösung von Wasserstoffversprödung bei bestimmten Werkstoffen.

Viele Arbeiten sind in der Vergangenheit diesen Fragen nachgegangen, aber bis heute haben sich trotz vieler wissenschaftlicher Erkenntnisse keine allgemeingültigen prozessbegleitenden Prüfmethoden durchgesetzt. Den Erfahrungen des Vortragenden zufolge gibt es bis heute keine allgemeingültigen Werkstoffkennwerte, welche die Werkstoffsensitivität gegenüber einer möglichen Wasserstoffversprödung beschreiben. Aktuelle Arbeiten an der neuen DIN-Norm 50940 Teil 2 sollen hier für mehr Anwendungssicherheit bei Kunden und Lieferanten in der Beurteilung und Anwendung unter anderem von Beizinhibitoren sorgen. Jens Riedel stellte die entscheidenden Teile der Norm vor und befasste sich des Weiteren mit den dort genannten Prüfverfahren und deren Bedeutung für die Prozessüberwachung, aus denen die Ableitung eines materialspezifischen Prozesskennwerts möglich ist. 

Dr. Sven Neudeck, SurTec International GmbH, stellte eine Prozessfolge von der Vorbehandlung bis zur Endschicht in der Kunststoffbeschichtung ohne den Einsatz von sechswertigem Chrom vor. An zwei Stellen dieses Prozesses wurde Chrom(VI) bisher verwendet: bei der Vorbehandlung des Kunststoffs und der Chromabscheidung. Für die Chromschicht werden inzwischen nahezu ausschließlich Elektrolyte mit Chrom(III) eingesetzt. Neben der Erfüllung der REACH-Vorgaben weisen die Verfahren den Vorteil einer energieeffizienteren Abscheidung auf.

Bisher noch nicht zufriedenstellend gelöst werden konnte die Vorbehandlung des Kunststoffs. Im Unternehmen des Vortragenden wird auf ein Verfahren aus Japan zurückgegriffen, bei dem im ersten Schritt ein Quellprozess durchgeführt wird. Der Beizprozess besteht aus einem Konditionierer, dem eigentlichen Beizen unter Einsatz von Silberverbindungen und einer Neutralisierung gefolgt von Spülvorgängen. Die Beschichtung wird in der Regel mit chemisch abscheidendem Nickel gestartet. Die Überwachung der Prozessstufen kann unter Einsatz von Standardverfahren der Nassanalyse vorgenommen werden.

Der Beizprozess basiert auf Manganverbindungen, der Einsatz von Palladium für die Bekeimung kann entfallen; zudem kann auf den Einsatz von per- oder polyfluorierten Alkylverbindungen (PFAS) verzichtet werden. Insgesamt umfasst die Vorbehandlung eine geringere Anzahl an Prozessschritten. Die Beizbilder unter Einsatz von Chrom(VI) und des neuen Verfahrens sind vergleichbar. 

Eingesetzt werden kann die Technologie für die bisher üblichen Kunststoffe sowie in guter Qualität für die notwendigen Geometrien. Für bestimmte Kunststoffe befindet sich das Verfahren in der Optimierungsphase. Gute Ergebnisse wurden auch bei selektiven Kunststoffbeschichtungen beziehungsweise bei bedruckten Substraten erzielt. 

Einen Überblick über die Beiträge der Grundlagenforschung zur Digitalisierung von galvanischen Prozessen gab Prof. Dr. Andreas Bund, Technische Universität Ilmenau; er zeigte einführend Beispiele von für die Galvanotechnik relevanten Prozessen und deren Umsetzung in die Praxis. Eine Herausforderung für die Digitalisierung ist die komplexe Prozess-Struktur-Eigenschaftsbeziehung. Für die Beschreibung werden zum Beispiel energetische Zusammenhänge aus der Thermodynamik und Kinetik benötigt. Werden diese Beziehungen detailliert dargestellt und in Formelbeziehung gesetzt, entstehen sehr komplizierte Zusammenhänge.

Ein anderer Ansatz beruht auf umfangreichen Messungen und deren datentechnische Bewertung und Auswertung (zum Beispiel in Richtung KI), Stichwort Ontologie. Herausfordernd im ersten Schritt ist es, die Zusammenhänge und Abläufe der menschlichen Kenntnis in die Sprache eines elektronischen Systems (Computer) zu übersetzen. Um diesen Ansatz in die Praxis zu überführen, werden zunächst Aufbauten und Messverfahren benötigt, die reproduzierbare Daten liefern. Diese Daten werden in relationalen Datenbanken gespeichert und verarbeitet. Zeitreihenbasierte Datenbanken eignen sich für die Verarbeitung der sich ändernden Messwerte.

Diese Technologie wurde zum Beispiel für die Führung eines elektrochemisch abscheidenden Nickelelektrolyten angewandt. Ein weiteres Anwendungsprojekt war die Herstellung von Korrosionsschutzschichten für Komponenten für PEM-Elektrolyseure. In Vorbereitung ist ein Projekt, bei dem die galvanische Verchromung nach diesen Überlegungen bearbeitet wird. Ein neutrales Netzwerk aufzubauen, das wie eine galvanische Fachkraft die Verfahrenstechnik erlernt, ist Prof. Bund zufolge die Zukunft.

Digitale Zwillinge bilden physische und nicht physische Dinge aus der realen Welt in der digitalen ab. Das Metaverse steht für die Verschmelzung der digitalen mit der physischen Welt. Dadurch wird es unter anderem möglich, so die Auffassung von Dr. Ingolf Scharf, ProtectCoat Oberflächentechnologie UG, Prozesse zu gestalten, zu optimieren oder zu analysieren und damit Fehler zu identifizieren. Je nach Art des zugrunde liegenden Modells lassen sich auch Vorhersagen für neue Situationen gewinnen.

Die Funktionalität von modernen technischen Komponenten liegt meist in der Oberfläche und in Beschichtungen begründet. Design und Herstellungsqualität von Beschichtungen sind essenziell für die optischen, elektrischen, mechanischen und chemischen Eigenschaften von Bauteilen sowie für den Korrosions- und Verschleißschutz. Das Gremium, in dem unter anderem die Referenten Dr. Andreas Hertwig, Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM), und Stephan Osterwald, Diehl Metal Application, mitwirken, bearbeitet Normen für die Qualitätssicherung von dünnen Schichten verschiedener Art. Dafür werden Eigenschaften wie Schichtdicke, Zusammensetzung, Haltbarkeit, Korrosionsbeständigkeit und physikalische Parameter von dünnen Schichten mit unterschiedlichen Messverfahren charakterisiert. Durch die Erfassung der Messverfahren und die Durchführung entsprechender Messungen wird die Qualität von Produkten gewährleistet und wirtschaftliche Schäden werden vermieden. Beispiele sind Goldschichten auf elektronischen oder dekorativen Bauteilen oder der Aufbau von galvanischen Mehrlagenschichten auf Kunststoffbauteilen, für die allesamt entsprechende Normen vorliegen.

Johannes Spahn, BAG Analytics GmbH, stellte die Ergebnisse einer Marktbefragung zur Nutzung von Elementen der Digitalisierung bei Unternehmen im Bereich der Oberflächentechnik vor. Von den befragten Unternehmen beschäftigen etwa 40 Prozent über 50 bis 250 Mitarbeitende, etwa 24 Prozent sind kleinere Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitenden. Es zeigt sich, dass kleine Unternehmen lediglich mit ERP-Software in großem Umfang arbeiten, während die Digitalisierung in Produktion, Logistik, Labor und Lager eher beschränkt ist. Im Bereich Abwasser wird keine Digitalisierung eingesetzt.

Als Hauptaufgaben der Digitalisierung werden Punkte wie Auftrags- und Produktnachverfolgung, Prozesssicherheit, Effektivitätssteigerung, Automation oder Qualitätssteigerung gesehen. Finanzielle Einsparungen, der Nachweis von Nachhaltigkeit oder die Reduktion von Emissionen stehen dagegen nicht im Fokus der Unternehmen. Als Hürden bei der Umsetzung von digitalen Technologien werden Komplexität, Widerstand gegen Veränderungen oder Schwierigkeiten bei der Integration in bestehende Systeme genannt. Am Beispiel eines Betriebs zeigte der Referent, wie durch die geschickte Kombination von Produktions-, Qualitäts- und Analysedaten eine Steigerung der Produktqualität, verbunden mit einer deutlichen Reduktion von Chemikalien- und Energieverbräuchen, umgesetzt werden kann.

Die Hochfrequenztechnik ist geradezu prädestiniert für moderne, technische Oberflächenbeschichtungsverfahren. Hochauflösende Radarsensoren für Fahrzeuge arbeiten bei Wellenlängen, deren Eindringtiefe bei Kupfer- oder Silberoberflächen nicht mehr als einen Mikrometer beträgt. Damit ist nach Aussage von Dr. Jürgen Hofinger, Biconex GmbH, die galvanische Abscheidung ein ideales Verfahren zu Herstellung der benötigten Leitungsstrukturen. Der Transport der Signale erfolgt nicht in üblichen metallischen Leitern, sondern in sogenannten Hohlleitern, komplexen Kunststoffbauteilen mit hochleitfähigen Oberflächenbeschichtungen. Aufgrund der hohen mechanischen und thermischen Anforderungen werden dafür bevorzugt PPS-Kunststoffe verwendet.

Der Vortragende stellte eine neue Methode zur Herstellung dieser Bauteile über die chemisch galvanische Beschichtung von Spritzgussteilen vor. Das Verfahren zeichnet sich durch eine besonders kurze -Prozessstrecke sowie einen niedrigen Ressourcen- und Energieverbrauch aus. Gegenüber alternativen Verfahren können auch komplexe Strukturen besonders gleichmäßig beschichtet werden. Darüber hinaus werden dem Referenten zufolge höhere Oberflächenqualitäten und Haftfestigkeiten erreicht. 

Airbus hat das Ziel, bis 2035 ein emissionsfreies Verkehrsflugzeug zu entwickeln und in Dienst zu stellen (ZEROe). Drei in 2020 vorgestellten ZEROe-Konzepte beruhen auf der Verwendung von Wasserstoff für den Flugzeugantrieb. Wie Oliver Rohr, Airbus Defence and Space GmbH, ausführte, wird bei Airbus CRT, der Forschungsabteilung von Airbus, in Forschungsprojekten die Verwendung von Festoxidbrennstoffzellen (SOFC) für Luftfahrtanwendungen erforscht. Die SOFC bieten einige Vorteile für das hybride oder elektrische Fliegen wie einen hohen elektrischen Wirkungsgrad oder die Verwendung von verschiedenen Brennstoffen.

Für stationäre Anwendungen hat sich die SOFC-Technologie bewährt und weist einen hohen Reifegrad auf. Für Luftfahrtanwendungen sind sie jedoch zu groß und zu schwer. Bei Airbus CRT werden deshalb neue SOFC-Designs entwickelt, um die gravimetrische und volumetrische Leistungsdichte signifikant zu erhöhen. Dies erfordert auch die Weiterentwicklung von Fertigungs- und Beschichtungsverfahren wie 3D-Druck und Slurry Dip Coating. Inzwischen konnten zum Beispiel durch den Einsatz von 3D-Druck deutliche Verbesserungen in Bezug auf das Gewicht der Brennstoffzellen sowie die Effektivität der Zellen erzielt werden. 

Der negative Einfluss von luftgetragenen Schadstoffen wie SO2, NH3, NOx und H2S auf die Lebensdauer von LT-PEM-Brennstoffzellen muss durch spezifisch auf die Schadstoffe angepasste Luftfilter im Betrieb möglichst gering gehalten werden. Je nach Luftzusammensetzung kommen verschiedene Adsorber in unterschiedlichen Mischungsverhältnissen zum Einsatz. Um die Zusammensetzung sowie das Wechselintervall des Filters exakt bestimmen zu können, sind detaillierte Analysen der Konzentration der relevanten Schadgase in hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung wichtig. Dr. Ann-Kathrin Egetenmeyer vom fem Forschungsinstitut Edelmetalle + -Metallchemie befassst sich im Rahmen eines Projekts mit der Entwicklung von Sensoren für die Schadgasanalyse, insbesondere mit einem Durchbruchsensor-Array für Kathodenluftfilter. Hierzu werden verschiedene gassensitive Schichten abgeschieden und auf ihre Eignung hin umfangreich charakterisiert. Um die Sensitivität, Selektivität und Stabilität der Gassensoren zu steigern, werden elektrochemisch abgeschiedene intrinsisch leitfähige Polymere in Kombination mit Metallpartikeln betrachtet. Als Metalle kommen Palladium, Silber, Zinn und Kupfer in Betracht, die sich gut mit galvanotechnischen Systemen abscheiden lassen. Auch das eingesetzte leitfähige Polymer Anilin wird mit einer ähnlichen Methode, der Elektropolymerisation, in dünnen Schichten auf dem Trägermaterial für den Sensor aufgebracht. Neben einer simultanen Polymer-/Metallabscheidung werden sequenzielle Abscheideprozesse verwendet. Geeignete Einzelsensoren werden zu einem Array zusammengestellt.

 

Ergänzende Technologien

Monika Hofmann-Rinker, B+T K-Alpha GmbH, befasst sich mit der Entwicklung von Geräten und Systemen zur Online-Analytik im Bereich der Nasschemie und speziell für die galvanische Metallabscheidung. Wie sie einführend betonte, stehen im Gegensatz zur Laboranalyse die Messergebnisse der Online-Analytik mit einem äußerst geringen Zeitversatz zur Verfügung. Dadurch kann nach ihrer Überzeugung aus der Steuerkette Beschichtung mit der Einflussgröße Konzentration ein Regel- und Steuerkreis Metallkonzentrationen gebildet werden, wodurch wiederum die Einflussgröße Konzentration annähernd konstant gehalten werden kann. Bei der klassischen Laboranalytik liegt der Zeitversatz zwischen Probenahme und Erhalt des Analyseergebnisses im Bereich von wenigen Stunden, wodurch die Konzentration von Bestandteilen eines Elektrolyten erhebliche Abweichungen erfahren kann.

Mithilfe einer automatisierten Analysetechnik können die Intervalle aus Probenahme und Analyse deutlich verkürzt und so ein nahezu konstanter Konzentrationsverlauf erzeugt werden. Daraus ergeben sich in der Regel neben dem geringeren Aufwand für das Analysepersonal eine deutlich bessere Produktqualität sowie häufig eine Einsparung von Ressourcen. Durch die gezielte Lenkung des Sollwerts innerhalb der kundenspezifischen Vorgaben nach dem Pro-Stab-ProOp-Prinzip ist es zudem möglich, bei gleichbleibender Qualität Ressourcen einzusparen und die Umwelt zu schonen.

Zinkdruckgussteile werden in vielen Bereichen des täglichen Lebens (Automobil-, Maschinen- und Gerätebau, Möbel- und Elektroindustrie) eingesetzt. Durch die Entwicklung einer neuartigen, dauerhaft beständigen Werkzeugbeschichtungstechnologie (plasmapolymere Trennschichten), mit der sich Alireza Moazezi vom fem Forschungsinstitut Edelmetalle + Metallchemie befasst, können die Taktzeiten und Kosten von Nachbehandlungsverfahren (Schleif- und Polierprozesse) für die Herstellung der Bauteile aus Zinkdruckguss reduziert werden. Durch das Vermeiden von Trennmitteln lassen sich eine höhere Gussqualität durch Reduktion der Porosität und insbesondere eine höhere Oberflächensauberkeit erzielen. 

Außerdem ermöglicht es diese Methode, aus dem Druckgießprozess Bauteile mit glänzenden Gussoberflächen in den Rauheitsklassen N1 bis N4 herzustellen. Dadurch können glanzbildende Beschichtungsprozesse, zum Beispiel Glanzkupfer, aus der üblichen Schichtfolge (cyanidisch Kupfer und Glanzkupfer, Nickel, Chrom) mit Gesamtschichtdicken von bis zu 50 Mikromteren reduziert beziehungsweise eingespart werden. Die Gesamtschichtdicke kann hierbei auf etwa 20 Mikrometer reduziert werden. Aufgrund der deutlich verbesserten Qualität der Gussoberflächen und der geringeren Schichtdicken der Schichtsysteme sind die Voraussetzungen für die Herstellung von Bauteilen mit hoher Maßhaltigkeit gegeben, welche die Verwendung der Technologie für neue Anwendungen ermöglicht. 

Für eine effiziente und zuverlässige Übertragung von Signalen und Leistung sind für viele leistungsstarke elektronische Komponenten Kontaktoberflächen erforderlich, die eine hohe Leitfähigkeit, eine hohe Haltbarkeit, einen niedrigen Reibungskoeffizienten (COF) und eine thermische Stabilität gewährleisten. Hartgoldschichten weisen zwar hervorragende Korrosionsbeständigkeit und Verschleißeigenschaften auf, kommen jedoch aufgrund hoher Kosten nur bedingt zum Einsatz. Die Alternative Silber besitzt einen niedrigen Kontaktwiderstand bei deutlich geringeren Kosten, allerdings auch eine geringere Dauerbeständigkeit. Dr. Adolphe Foyet, DuPont, stellte in seinem Vortrag eine neuartige Silberkontaktbeschichtung mit hoher Verschleißfestigkeit, abgeschieden aus einem cyanidfreien, sauren Elektrolyten, vor.

Die so hergestellten Schichten zeigen über 10.000 Verschleißzyklen ohne externe Schmierung einen außergewöhnlich niedrigen Reibungskoeffizienten bei gleichbleibendem niedrigen Kontaktwiderstand, der für eine effiziente Strom- und Signalübertragung erforderlich ist. Außerdem besitzen die Schichten eine hervorragende thermische Stabilität und gute elektrische Eigenschaften, sodass Geräte mit derartigen Kontaktschichten bei höheren Betriebstemperaturen betrieben werden können.

Mathias Fritz, TU Ilmenau, stellte Arbeiten zur Entwicklung der lichtinduzierten Platinabscheidung auf siliziumbasierten Halbleitern vor, die er im Rahmen seiner Promotionsarbeit durchführt. Solche Halbleiterbauelemente werden beispielsweise für die Gasanalyse genutzt. Bisher werden derartige Bauelemente mittels PVD-Technologie beschichtet; diese soll durch eine galvanische Technologie ersetzt werden. Ein dafür geeignetes Verfahren ermöglicht es, die Beschichtungstechnik auch für Solarzellen zur Herstellung der Ableitung auf die Zellenfront einzusetzen.

Anstelle einer sonst üblichen Ladungszufuhr über einen angelegten Stromkreis beziehungsweise der Verwendung von chemischen Reduktionsmitteln soll die Reduktion der Metallionen durch Lichteinstrahlung erfolgen. Spezielles Augenmerk liegt hierbei auf der Vorbehandlung des Siliziums für die anschließende Platinabscheidung unter Beleuchtung. Für die Abscheidung wurden einmal ein saurer und einmal ein alkalischer Elektrolyt herangezogen. Je nach Elektrolyttyp sind unterschiedliche Strahlungsintensitäten erforderlich. Detaillierte Untersuchungen zeigten bei den ersten Versuchen mit dem sauren Elektrolyten die Bildung einer störenden Siliziumdioxidschicht. Zwar wird bei der Verwendung eines alkalischen Elektrolyten eine bessere Anbindung erzielt, da die Oxidschicht bei hohen pH-Werten zerstört wird; allerdings wird Silizium wiederum zu stark angegriffen.

Gute Ergebnisse werden bei der Verwendung von Laserlicht erzielt, da durch die gute lokale Steuerung die Herstellung der Ableitungen für Solarzellen in hoher Qualität möglich wird. Zu berücksichtigen ist bei längeren Beschichtungsvorgängen, dass die entstandenen Keime sich seitlich zum Silizium hin ausdehnen. Diese Bereiche der Schicht weisen eine begrenzte Haftfestigkeit auf. Die Keimzahl lässt sich deutlich erhöhen, wenn die Stromdichte von 1 A/dm2 auf 100 A/dm2 erhöht wird. Die dabei entstehende hohe Zahl an Keimen wird nachfolgend bei geringer Stromdichte zu einer Endschicht verstärkt. 

Die Identifikation parasitärer elektrochemischer Subprozesse bei der plasmaelektrolytischen Oxidation (PEO) von Magnesium war Thema des Vortrags von Frank Simchen, TU Chemnitz. Der Vortragende befasst sich seit Längerem mit der PEO von Magnesium, sowohl im Hinblick auf die Schichteigenschaften als auch auf die dafür notwendige Diagnostik. Wie er einleitend betonte, bietet Magnesium ein großes Anwendungspotenzial aufgrund seines geringen spezifischen Gewichts. Allerdings besitzt Magnesium eine geringe Korrosionsbeständigkeit, da Magnesiumoxid sehr rissanfällig ist.

Dieser Nachteil kann durch den Einsatz der plasmaelektrolytischen Oxidation beseitigt werden, da hierbei die Oxidschicht temporär aufgeschmolzen und so in einen geschlossenen Zustand gebracht wird. Dadurch entstehen kompakte Schutzschichten, was jedoch bisher nur auf Aluminium sicher machbar ist; bei Magnesium wird dies angestrebt. Hilfreich für die Untersuchungen über die Funktion des Schichtaufbaus ist die von Simchen entwickelte Prozessdiagnostik.

Für die Untersuchungen wurde ein Elektrolytsystem herangezogen, das auf Aluminium gute Ergebnisse liefert und Spannungen bis 100 V erforderlich macht. Die Spannungen wurden im Wechsel aufgebracht, als eine Art wechselnde Spannung mit sehr geringer Wechselfrequenz. Genaue Betrachtungen der Strom-Spannungs-Verhältnisse decken auf, dass die Schichten bei Absinken der Spannung elektrochemisch zerstört werden. Einen Einfluss auf die Schichtbildung hat aber auch das Gleichrichterregelverhalten. Im Vergleich zu Aluminium sind bei Magnesium die elektrochemischen Anteile deutlich größer.

Der letzte Beitrag der Reihe über ergänzende Technologien von M. Lucia Nascimento, TU Ilmenau, stellte das Elektropolieren von Edelmetalllegierungen in ionischen Flüssigkeiten vor. Der Vorteil dieses Verfahrens liegt insbesondere im Vermeiden des Einsatzes von Cyaniden. Edelmetalle haben sehr hohe Oxidationspotenziale, so dass bisher nur Cyanide, Thioharnstoffe oder starke Säuren für das Elektropolieren eingesetzt werden konnten. Das Elektropolieren ist unumgänglich, um Bauteile für die Medizintechnik oder für die Luft- und Raumfahrt in der notwendigen Rauheit herstellen zu können. Erzielt werden damit Rauheiten mit Ra unter 100 nm und ein Angriff der Korngrenzen wird vermieden. Zu betonen ist, dass bei sehr rauen Oberflächen im ersten Schritt eine mechanische Politur erfolgen muss.

Das Funktionsprinzip des Elektropolierens beruht auf der Bildung einer hochviskosen Schicht auf der Werkstoffoberfläche, durch die bevorzugt Werkstoffspitzen aufgelöst werden. Bei den Untersuchungen der Vortragenden wurde mit einer tiefeutektischen Lösung gearbeitet. Dieser Elektrolyttyp ist gesundheitlich unbedenklich. Als Edelmetall kam Weißgold in Betracht. Ein ähnlicher Elektrolyt konnte bereits für Titan erfolgreich eingesetzt werden. Im ersten Schritt wurden mittels zyklischer Voltametrie die Parameter für die Stromdichte und Spannung ermittelt.

Eigene Untersuchungen in einer Mischung aus Cholinchlorid und Ethylenglykol haben gezeigt, dass das Elektropolieren von Edelmetalllegierungen möglich ist. Herausforderungen bestehen bei der homogenen Auflösung des Materials. Interessant ist die Tatsache, dass die Einzelmetalle (Gold, Silber, Palladium) deutlich unterschiedliche Kennwerte für Strom und Spannung im ionischen Elektrolyt besitzen. Gute Resultate ergaben sich bei Einsatz von Pulsstrom, wobei die Vortragende Schwierigkeiten bei der Umsetzung in eine Anlage erwartet.

 

Ergebnisse aus der Forschung – Junge Kollegen berichten

Claudia Albero Rojas von der TU Chemnitz berichtete von neuen Erkenntnissen im Bereich plasmaelektrolytische Oxidation von Aluminium (PEO). Die hohen Spannungen und damit extremen Bedingungen bei der PEO erlauben es, keramische Schichten aus Mischoxiden des Aluminiums mit Zirkonium herzustellen. Es wurde dabei unter anderem der Einfluss von Komplexbildnern für Zirkonium auf die Badstabilität und Zusammensetzung des Mischoxids untersucht. Ein weiterer Fokus lag auf den mechanischen Eigenschaften (Risszähigkeit) der von Natur aus spröden Keramikschichten.

Philip Scherzl, HS Aalen, referierte über die Galvanoformung von Aluminium- und Aluminium-Komposit-Folien. Dabei wurde ein patentiertes (EP3114721B1) Verfahren zur einstufigen, kontinuierlichen Herstellung von Kompositfolien, die als Batterieelektroden Anwendung finden, vorgestellt. Die TU Ilmenau leistet mit ihrer Expertise im Bereich Aluminiumabscheidung einen Beitrag zum Projekt. 

Aus dem Projekt („KultBat“) berichtete in einem Vortragsblock auch Michael Kaupp, HS Aalen, und stellte dabei analytische und Leistungsdaten (Batterietests) für die neuen Materialien vor.

Stefan Daniel Schwöbel, von Haus aus Mathematiker, hat sich an der TU Chemnitz mit der Modellierung und Simulation der galvanischen Abscheidung beschäftigt. Dabei zeigte sich, dass gegenwärtige Modelle (Gleichstrom) für die Pulsstromabscheidung ungeeignet sind.

So führt beispielsweise eine Betrachtung von Grenzstromdichten unter Anwendung gemittelter Stromdichten bei der Pulsabscheidung zu falschen Ergebnissen. Schwöbel hat beeindruckende Ergebnisse eigener finite-Elemente-Modelle gezeigt, die teils auf kommerziellen und teils auf eigenen Simulationswerkzeugen implementiert wurden.

Batterieelektroden waren Gegenstand des Beitrags von Robin Arnet, HS Aalen. Zur Stromsammlung sollten diese eine möglichst hohe spezifische Oberfläche aufweisen, was momentan beispielsweise durch Metallschäume realisiert wird. In einem neuen Ansatz werden feinmaschige Kunststoffstrukturen 3D-gedruckt, metallisiert und durch Herauslösen des Kunststoffs in eine Hohlstruktur verwandelt.

Der Einfachheit halber wurde hierbei zunächst, nach Auftragen eines Graphitlacks, die Vernickelung versucht. Das Ziel ist eine Beschichtung mit Aluminium aus ionischen Flüssigkeiten.

Auch das Fraunhofer IKTS Dresden, vertreten durch Dr. Matthias Weiser, beschäftigt sich mit Batterieelektroden: Weiser demonstrierte das Potenzial elektrochemischer Methoden, mikrostrukturierte Siliziumanoden für Lithium-Ionen-Batterien mit signifikant gesteigerter Langzeitstabilität herzustellen.

Die Preisträgerin des DGO-Nachwuchspreises 2023 Dr. Maria del Carmen Stich von der TU Ilmenau berichtete über ihre Forschungsarbeit „Einfluss lokalisierter Oberflächenzustände auf die photoelektrokatalytische Leistungsfähigkeit Al-dotierter a-SiC:H basierter Photokathoden“. Die hergestellten Halbleiterschichtsysteme wurden sorgfältig charakterisiert und in einer mit künstlichem Sonnenlicht bestrahlten elektrochemischen Zelle vermessen. Das Potenzial der Photoelektrokatalyse im Vergleich zu klassischer Photovoltaik in Kombination mit Wasserelektrolyse wurde im Anschluss im Hinblick auf die geringen momentan erreichbaren Wirkungsgrade diskutiert.

Eine elektrochemische Methode zur Bindung atmosphärischen Kohlendioxids stellte Mario Kurniawan, TU Ilmenau, vor. Das Kohlendioxid wird im Versuchsaufbau an einer Kupferkathode zu organischen Verbindungen wie Kohlenwasserstoffen reduziert. Die Kupferelektrode hat dabei eine besonders effiziente, por.se Oberfläche, die durch Kupferabscheidung bei hohen Stromdichten erzeugt wurde. Für diese Arbeit erhielt Kurniawan den DGO-Nasser-Kanani-Preis 2023.

Nurul Amanina Binti Omar, HS Mittweida, ist es gelungen, ein neues Verfahren zur Herstellung von Nickel-Phosphor-Bor-Legierungsschichten zu entwickeln. Das Verfahren ist inspiriert von der Borierung und damit oberflächlichen H.rtesteigerung von Großwerkzeugen durch Borpulver. Bei dem Verfahren werden Bor-Partikel in einem Chemisch-Nickel-Dispersionsverfahren co-abgeschieden, dann durch Tempern eine homogene NiPxBy-Legierungsschicht erzeugt. Diese Schicht hat eine hohe Härte und kann damit möglicherweise in einigen Anwendungen eine Alternative für Hartchrom darstellen. Durch die Verwendung von elementarem Bor gibt es keine Nachteile durch gefährliche Substanzen wie in autokatalytischen NiB-Verfahren.

Ebenfalls mit dem Thema „Hartchromersatz“ hat sich Scott Dombrowe, HS Mittweida, auseinandergesetzt. Hierbei wurden elektrolytisch abgeschiedene Nickel-Wolfram-Legierungen als harte und verschleißfeste Schichten untersucht. Dombrowe erforschte systematisch den Einfluss der Abscheideparameter auf den Wolframgehalt und die Härte.

Ein etabliertes galvanisches Legierungsschichtsystem wurde im Beitrag von Carlos Aziz, vorgetragen von Dr. Martin Leimbach, für eine neue Anwendung erforscht und weiterentwickelt. Es stellte sich heraus, dass Zinn-Nickel durch seine hohe Korrosions- und Medienbeständigkeit sehr gut für den Einsatz in PEM-Elektrolyseuren geeignet ist. In der vorgestellten Arbeit wurde versucht, die Korrosionsbeständigkeit von SnNi durch verschiedene Passivierungsmethoden weiter zu erhöhen.

 

Sprechstunde

Das ZVO-Ressort Umwelt- und Chemikalienpolitik hat auf den ZVO-Oberflächentagen in einer offenen Sprechstunde Anwendern ihre Fragen hinsichtlich Umwelt- und Chemikaliengesetzgebung beantwortet.

Fast täglich werden Betriebe und Verband zu immer neuen Bereitstellungen von Daten, Berichten und Kommentaren aufgefordert. Behörden und Ministerien erwarten für immer neue Regulierungsvorhaben immer mehr Informationen. Anwender werden dabei meist mit bereits sehr weit fortgeschrittenen Initiativen und Ideen konfrontiert. Auch für den ZVO mit seinen Ressorts wird es immer schwieriger, wenigstens die wichtigsten Aktivitäten unter Beobachtung zu halten. Der Informationsstand aller Betroffenen unterscheidet sich schnell deutlich.

Um hier eine Möglichkeit zu schaffen, sich wenigstens jährlich branchenintern abzugleichen, hat der ZVO auf den Oberflächentagen ein neues Format geschaffen: Die Sprechstunde. Über rund 90 Minuten stehen die Experten eines Ressorts den Kongressteilnehmern in Form einer Podiumsdiskussion Rede und Antwort und teilen Erkenntnisse und Einschätzungen. Auch Erfahrungen können ausgetauscht werden. Ziele sind die Angleichung des jeweiligen Wissenstandes sowie auch der Branchenstandpunkte.

Auf den #OTBerlin23 hat das Ressort Umwelt- und Chemikalienpolitik den Anfang gemacht. Nach einer einführenden Präsentation diskutierten vier Experten mit den Teilnehmern: Dr. Georg Hünnekens, Dr. Arkadius Waleska, Kerstin Zübert und Christian Röhrig standen für die thematischen Schwerpunkte juristische Fragen, angewandte Regulierung (auch in nicht-galvanischen Anwendungen), Regulierung im KMU, Autorisierung und allgemeine Chemie.

Rasch entwickelte sich eine rege Diskussion, in der die Themen Chromtrioxid-Autorisierung, PFAS-Beschränkungsvorschlag, BREF und zukünftig zu erwartende Entwicklungen in der Regulierung dominierten. Die Teilnehmer zeigten allgemein eine große Verunsicherung über die Zukunftsaussichten. Beispiele wie der aktuelle PFAS-Beschränkungsvorschlag, dessen weitreichende Folgen offenbar viele überraschten, verstärkten diesen Eindruck ebenso wie Beiträge von anwesenden Vertretern anderer Verbände (Textil, VCI).

Eine Ausweitung der Zusammenarbeit mit anderen Verbänden wurde positiv kommentiert, um besser Gehör finden zu können und die Folgen von Regulierungen öffentlich zugänglich und nachvollziehbar zu machen. Kernfrage war das Wording – also die Frage, wo und in welcher Deutlichkeit die Sorgen und die möglichen Folgen von Regulierungen öffentlich zugänglich gemacht werden sollten. Eine unter ZVO-Regie durchgeführte konzertierte Aktion zu den Auswirkungen der IED-Revision wurde als gutes Beispiel angesehen. Sie zeigte auf, dass die Unternehmer gemeinsam Gehör und großen Einfluss erreichen können.

 

Kosten- und ressourceneffiziente Abwasserbehandlung

Galvanische Beschichtungen sind unverzichtbar für viele Industriebereiche, erfordern aber auch die Behandlung und Entsorgung der anfallenden Abwasserströme. Neben den für einige Prozesse noch immer nicht ersetzbaren toxischen Anionen wie Cyanid oder Chromat sind bei der Abwasserbehandlung vor allem Schwermetallionen und organische Komplexbildner problematisch, wie Dr. Anna Endrikat, TU Ilmenau, in ihrem Vortrag einleitend betonte. Aktuelle Technologien für die Behandlung von galvanischen Abwässern basieren auf Fällungsreaktionen, Ionenaustauschern oder auch Vakuumverdampfern und liefern unter den Aspekten Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit keine zufriedenstellende Lösung. 

Eine interessante Möglichkeit für die Behandlung von Abwässern beruht auf der elektrochemischen Reduktion von Metallionen. Ein wesentlicher Unterschied zum normalen galvanischen Prozess ist, dass zur Abwasserbehandlung keine löslichen Anoden eingesetzt werden, sondern spezielle inerte Anoden, basierend auf bordotiertem Diamant (BDD). An diesem Material werden aufgrund seiner hohen Sauerstoffüberspannung bevorzugt OH-Radikale gebildet, welche die Organik, zum Beispiel Komplexbildner, im Abwasser mineralisieren. Gleichzeitig können kathodenseitig Metallionen aus dem Abwasserstrom zurückgewonnen werden. 

Dr. Endrikat zeigte auf, wie der Fortschritt des Abbaus von organischen Verbindungen in den unterschiedlichen Lösungen der galvanischen Metallabscheidung anhand des chemischen Sauerstoffbedarfs (CSB) bewertet werden kann. Zudem bewertete sie alternative Messmethoden, die auf eine In-situ-Analyse dieser wichtigen Größe abzielen, und erläuterte, welche Herausforderungen sich im Prozess ergeben.

Rainer Klein, Spiraltec GmbH, erläuterte in seinem Vortrag die Funktion und Anwendung von Spiralwickelmodulen, mit denen, basierend auf dem Prinzip der Diffusionsdialyse, ein effizientes Recycling von Prozessabwässern durchgeführt werden kann. Die Verfahrenstechnik findet vor allem bei der Rückgewinnung von Säuren, Laugen und bestimmten Metallen Anwendung. Sie beruht auf der stattfindenden Diffusion von Ionen durch eine Membrane, wobei die Triebkraft der Diffusion auf dem Ausgleich der Konzentrationen zwischen zwei Lösungen beruht. Grundsätzlich wird hier zwischen einer Diffusion im Gleichstrom und im Gegenstrom unterschieden; im ersten Fall erreicht die Rückgewinnungsrate maximal 50 Prozent, wogegen im zweiten Fall dieser Wert 50 Prozent überschreiten kann.

Klein zeigte auf, welche Prozessströme für die Säurerückgewinnung beim Beizen von Stahl mit Schwefelsäure, dem chemischen Glänzen von Aluminium mit Säuremischungen oder der Rückgewinnung von Säuren aus der Regeneration von Ionenaustauschern optimalerweise eingerichtet werden. Die Technologie wird aus Umweltschutzgründen und vor allem aufgrund der zunehmenden Rohstoffverknappung und den sich daraus ergebenden steigenden Beschaffungskosten für Laugen und Säuren immer interessanter.

Nach Ansicht von Marius Straub, H2O GmbH, ist für Unternehmen der Oberflächentechnik die Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in Kombination mit einer hohen Qualität der Prozesse eines der wichtigen Ziele. Hinzu kommt ein bewusster Umgang mit Ressourcen, der auch in der Industrie eine immer größere und wichtigere Rolle spielt. Eine Lösung, die Nachhaltigkeit, niedrige Betriebskosten, hohe Qualität und Prozesssicherheit vereint, ist die Abwasseraufbereitung mittels Vakuumdestillation. Das gereinigte Abwasser aus diesen Systemen ist so gut, dass es in den Prozessen wiederverwendet werden kann.

Die Kreislaufführung des Wassers schont nicht nur die wertvolle Ressource Wasser, sondern reduziert auch Arbeits- und Anlagenbetriebszeit und damit Kosten. Anhand von Rechenbeispielen aus der Praxis belegte Straub die geringe Amortisationszeit einer Vakuumdestillationsanlage von weniger als zwei Jahren. Diese hohe Wirtschaftlichkeit der Anlagen beruht vor allem auch auf einem optimalen Umgang mit Energie.

 

Verschleißschutz und Tribologie

Dominik Höhlich, Technische Universität Chemnitz, befasst sich mit dem Einfluss von Elektrolyten und Prozessparametern auf die Zusammensetzung galvanisch abgeschiedener Eisen-Chrom-Nickel-Legierungen und deren Eigenspannungen. Eine der hauptsächlichen Herausforderungen bei der Abscheidung derartiger Schichten liegt beim dabei entstehenden Wasserstoff und dessen Wirkung auf die Metallschicht. Darüber hinaus bestehen die generellen Herausforderungen für galvanische Prozesse zur Abscheidung von Mehrstoffwerkstoffen.

Angestrebt werden Chromgehalte um 20 Prozent und Nickelgehalte um 15 Prozent. Bisher wurden Schichten aus diesen drei Metallen sowohl mit Gleich- als auch mit Pulsstrom abgeschieden. Alle diese Schichten zeigen eine deutliche Rissbildung, sind also eher spröde, vermutlich aufgrund von eingebautem Wasserstoff, aber auch aufgrund sehr hoher Stromdichten und dadurch entstehender Eigenspannungen. Die markantesten Eigenschaften der Schichten sind hohe Härte, Korrosions- und Verschleißbeständigkeit.

Die unerwünschte Wasserstoffentwicklung und der daraus folgende Einbau in die Schicht könnte nach Ansicht von Höhlich durch ein optimiertes Strommanagement reduziert werden, zum Beispiel durch Pulsstrom oder gestuften Stromverlauf (Pausen der aktiven Abscheidung im Sekundenbereich). Die besten Ergebnisse wurden mit gestuftem Strom erzielt, was sich in rissfreien Schichten äußert. Allerdings lag die maximale Schichtdicke bei den bisher durchgeführten Abscheideversuchen bei etwa 15 Mikrometern. Genauere Analysen der Schicht zeigen, dass diese eine günstige Zusammensetzung mit Kristallgrößen von wenigen Nanometern besitzt. Auch in Bezug auf die Verschleißbeständigkeit und Korrosionsbeständigkeit weisen die Schichten aus Elektrolyten mit gestuftem Strom und Saccharinzusatz Vorteile auf.

Eine weitere Arbeit zu Abscheidesystemen mit Chrom(III) stellte Andreas Waibel vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA mit seinen Untersuchungen zur Herstellung von Hartchromschichten vor. Als Alternative zu bisherigen Hartchromverfahren kommt die Abscheidung aus Chrom(III)-Systemen in Betracht. Es ist wichtig, hierfür die bestmögliche Chrom(III)-Verbindung zu wählen. Grundsätzlich ist zu vermerken, dass die möglichen Elektrolyte deutlich komplizierter aufgebaut und damit auch aufwändiger zu führen sind.

Zu den Eigenschaften der Chrom(III)-Schichten zählen eine geringere Verschleißbeständigkeit, aber insbesondere eine deutliche höhere Rissneigung und damit eine schlechtere Korrosionsbeständigkeit. Grundsätzlich wird der Einbau von Wasserstoff in die Schicht als Ursache der Rissbildung identifiziert. Um den Wasserstoffeinbau zu reduzieren, wurde unter anderem mit moduliertem Strom beziehungsweise Pulsstrom gearbeitet. Dass dieser Ansatz erfolgreich ist, lässt sich an Oberflächen- und Querschliffbetrachtungen erkennen. Allerdings dürften trotzdem noch hohe Eigenspannungen vorhanden sein, die stark zeitversetzt eine Rissbildung zur Folge haben.

Ein weiterer Punkt der Untersuchungen richtet sich auf die Kristallstruktur der hergestellten Schichten. Relevant sind nach Ansicht von Waibel die Stromdichte beziehungsweise Grenzstromdichte, aber auch die Temperatur des Elektrolyten sowie die vorhandenen Elektrolytzusätze. Vorteilhaft wirkt sich der Übergang von amorpher zu kristalliner Struktur aus, wobei in diesem Fall die Härte keine Änderung erfährt; die Verschleißbeständigkeit wird allerdings deutlich verbessert.

Lars Lehmann, TU Chemnitz, hat ein interaktives Verschleißmodell zur Vorhersage von geeigneten Wärmebehandlungen von chemisch abgeschiedenen Nickelschichten erarbeitet. Bisher ist die Vorhersage über die tatsächliche Beständigkeit unter Verschleißbelastung als Systemeigenschaft nur bedingt möglich. Um ein Vorhersagemodell erstellen zu können, müssen umfangreiche Kennwerte zum Verhalten ermittelt werden. Bereits bekannt ist, dass die Verschleißbeständigkeit vom Phosphorgehalt abhängt, der wiederum auf die Kristallinität Auswirkung hat. Für die Untersuchungen der Zusammenhänge wurden Schichten mit 3,8 Prozent, 9,3 Prozent und 12,3 Prozent Phosphor hergestellt. Diese Schichten wurden industrieüblichen Wärmebehandlungen unterzogen und die Verschleißdaten wurden bestimmt. Für die Verschleißtests wurden bei den unterschiedlichen Phosphoranteilen die Kennwerte für die Ritzenergie und die Oberflächenschädigung für die Temperatur und Zeit der Wärmebehandlung ermittelt, wobei sich für bestimmte Kombinationen Maximal- und Minimalwerte ergaben. Wichtig ist hierbei, die Prüffläche auf vorhandene Risse zu prüfen. 

Die schlechtesten Ergebnisse wurden bei allen Varianten bei Schichten ohne Wärmebehandlung festgestellt. Entstanden ist aus all diesen Daten ein frei zugänglicher Katalog für das Verschleißverhalten. Hilfreich sind hierfür Belastungsfälle aus der Praxis, die dabei helfen, die am besten geeigneten Verschleißmechanismen auszuwählen. 

Dispersionsschichten werden immer interessanter für die Beschichtung von Steckverbindern. Dr. Stefan Henne, Dr.-Ing. Max Schlötter GmbH & Co. KG, stellte in diesem Kontext Silber-Graphit-Schichten vor. Silber übernimmt hierbei Aufgaben wie eine hohe elektrische Leitfähigkeit oder eine gute Korrosionsbeständigkeit, während Graphit für die Schmierwirkung verantwortlich ist, ohne die Leitfähigkeit negativ zu beeinflussen. In die galvanischen Schichten werden Graphitpartikel im Mikrometerbereich eingebettet, die teilweise aus der Schicht herausragen. Bei diesen Schichten liegt die Herausforderung darin, die elektrischen Eigenschaften der Schicht durch den Einbau nicht übermäßig zu verschlechtern. Zugleich muss aber der Reibwert der Schicht deutlich verbessert werden.

Aktuell sind aufgrund der zunehmenden Elektromobilität steigende Anforderungen an derartige Oberflächen bei Steckverbindern festzustellen. Daraus entstand der Wunsch beim Unternehmen des Vortragenden, das Abscheidesystem zur Weiterentwicklung des Elektrolyten zu verbessern. Im ersten Schritt musste ein Messsystem entwickelt und hergestellt werden, das den Kontaktwiderstand unter verschiedenen Reibbelastungen erfassen kann. Interessant ist der Vergleich der Reibwerte: Bei Silberschichten liegt zu Beginn der Messungen ein hoher Wert vor, der im Lauf der Messungen einen konstanten niederen Wert anstrebt. Insgesamt ist damit festzustellen, dass Silber-Graphit aufgrund eines geringen Verschleißes und niedrigen Kontaktwiderstands außergewöhnlich gute Eigenschaften aufweist. 

 

Klimaneutralität, Energie- und Ressourceneffizienz

Um die Kosten eines Produkts genau zu ermitteln, ist es wichtig, die Energieflüsse zu verstehen. Ein effektives Energiemanagement, wie es Karel Stolba, KBR Kompensationsanlagenbau GmbH, vorstellte, ermöglicht es einem Unternehmen, seine Energie effizient zu nutzen und damit Kosten nachhaltig zu senken. Es liefert einen detaillierten Überblick über den Energieverbrauch in den verschiedenen Bereichen der Produktion. Auf dieser Basis können gezielt ineffiziente Prozesse identifiziert und Verbesserungsmaßnahmen eingeleitet werden.

Ein Energiemanagement ermöglicht es, den Energieverbrauch in Echtzeit zu überwachen, historische Daten zu analysieren und Prognosen für den zukünftigen Energiebedarf zu erstellen. So können fundierte Entscheidungen getroffen werden, um Energieverbräuche wirtschaftlich zu optimieren. Durch den Vergleich mit Branchenstandards und Best Practices kann die eigene Leistung mit anderen Unternehmen verglichen und Verbesserungspotenziale können identifiziert werden. 

Das von Reinhold Specht, Harter GmbH, vorgestellte Verfahren der Kondensationstrocknung auf Basis der Wärmepumpentechnologie bietet im Rahmen des sehr energieintensiven Bereichs der industriellen Teiletrocknung ein Produkt, das ökologisch und ökonomisch entscheidende Vorteile bietet: Unter anderem können Energieverbrauch und CO2-Ausstoß um bis zu 80 Prozent gegenüber konventionellen Trocknungsverfahren reduziert werden. Durch den Einsatz der geförderten Kondensationstrocknung können Anwender dauerhaft hohe Energiekosten vermeiden und die bis zum Jahr 2045 angestrebte Treibhausgasneutralität effizient unterstützen.

Der Trocknungseffekt des Verfahrens wird durch den Einsatz von trockener Luft erreicht. Dadurch ist es möglich, die Trocknungstemperatur für einen effizienten Trocknungsprozess deutlich auf Werte um 40 °C zu senken. Des Weiteren wird die Trocknungsluft in einem geschlossenen System geführt. Dieser geschlossene Kreislauf erlaubt eine gute Wärmerückgewinnung, woraus sich der sehr geringe Energiebedarf dieses Trocknungssystems ergibt. Eingesetzt werden kann diese Technologie für jede Art der galvanischen Beschichtung (Gestell- oder Trommelbeschichtung), bei der Trocknung beim Lackieren oder auch in der Verarbeitung von Lebensmitteln und medizinischen Produkten.

Nach Ansicht von Jörg Mülleneisen, OptiSense GmbH, sind die Einsparpotenziale in der Oberflächenindustrie noch nicht ausgeschöpft. Prüf- und Messtechnik kann dabei eine wesentliche Stellschraube sein. Kontaktfreie Schichtdickenprüfsysteme machen Ressourceneffizienz messbar und Einsparpotenziale sicht- und nutzbar. Anhand von Best-Practice-Beispielen zeigte der Vortragende, wie mit einer kontaktlosen Schichtdickenmessung in dem Bereich der Pulverlackierung verschiedene Effizienzpotenziale genutzt werden können:

  • Als Frühwarnsystem in der Qualitätskontrolle, indem zum Beispiel die berührungslose Prüfung von frisch aufgetragenen Pulverbeschichtungen vor dem Einbrennen optimiert wird. Die Messung berücksichtigt dabei auch schon die Schrumpfung während des Aufschmelzens.
  • Als virtueller Lehrmeister zur Mitarbeiterqualifizierung. Mitarbeiter können in Eigenregie früher und schneller im Prozess fehlerhafte Beschichtungen entdecken und vermeiden damit kostspielige Nacharbeiten.
  • Als Effizienz-Booster im Prozess durch die frühzeitig Schichtdickenprüfung, wodurch Fehlbeschichtungen vermieden und dank optimierter Schichtdicke Pulver eingespart werden. Das bedeutet weniger Nacharbeit, weniger Ausschuss und minimierte Produktionsverluste.

Die genannten Einsatzmöglichkeiten tragen erkennbar zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit bei.

Laser zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass sowohl der zu bearbeitende Oberflächenbereich als auch die wirkende Energie sehr exakt ausgewählt werden können. Diese Fähigkeit kann auch für die Reinigung von Oberflächen, vorgestellt von Jan Sommer, Clean-Lasersysteme GmbH, genutzt werden. Einsatzbeispiele und technische Lösungen finden sich in Anwendungsfeldern wie der Klebevorbehandlung, Schweißnahtvorbehandlung und Beschichtungsvorbehandlung. 

Die Vorteile der Laseroberflächentechnik wie die Prozesskontrolle zwecks Qualitätssicherung einer fehlerfreien Produktion, ökologische Aspekte und die nachhaltige Wirkung einer Laservorbehandlung stehen dabei im Mittelpunkt. Aktuelle Verbesserungen betreffen die Einsparung von Energie und die Reduktion von Kohlenstoffdioxidemissionen, aber auch das Reduzieren von Prozessschritten oder das Einsparen einer Bauteilerwärmung.

Marc Piepenbrink, BIA Kunststoff- und Galvanotechnik, befasst sich mit der Rückgewinnung von Palladium aus Abwässern von kolloidalen Aktivatoren, wie sie für die Kunststoffmetallisierung benötigt werden. Wie er in seinem Vortrag betonte, konnte mit den durchgeführten Arbeiten bei BIA eines der effizientesten Verfahren entwickelt und in die Praxis umgesetzt werden. 

Palladium selbst ist ein entscheidendes Metall für die Herstellung der Metallschichten auf Kunststoff, meist ABS und Varianten davon, sowie für die Erzeugung einer guten Materialanbindung von Metall auf Kunststoff. Andererseits ist das Edelmetall kostenintensiv, woraus sich die Notwendigkeit der Rückgewinnung ergibt. Im Abscheideprozess fällt Palladium insbesondere in der Spüle nach dem Palladiumaktivator an. Herausforderungen für die Rückgewinnung ergeben sich aus dem Verbund des Palladiums im Palladium-Zinn-Kolloid, wobei das Zinn in deutlichem Überschuss vorliegt. 

Der Rückgewinnungsprozess startet damit, dass das Abwasser mit Palladium ohne Vermischung gesammelt wird. Anschließend wird das Kolloid behandelt, sodass Palladium ionisch vorliegt. Aus dieser Lösung wird Palladium mittels Ionenaustauscher gebunden. Fällungen wurden ebenfalls untersucht, ergaben aber ein ungünstigeres Verhältnis von Zinn zu Palladium zur Durchführung einer guten Palladiumabtrennung. Gute Ergebnisse werden beim Einsatz eines sauren Anionentauscherharzes erzielt. Inzwischen wurde für diesen Rückgewinnungsprozess eine Fertigungsanlage erstellt, in der zwei Austauschersäulen mit je 25 Liter Harz arbeiten. 

Dr. Elke Spahn, Gravitech GmbH, und Dr. Elke Moosbach, Moosbach & Kanne GmbH, stellten ihre Erfahrungen aus einer galvanotechnischen Fertigung vor, bei der Einsparungen durch die gezielte Führung und platzierte Analytik der Prozesswasserströme erzielt werden können. Derartige Aktivitäten werden durch strenge behördliche Auflagen und die von der EU geforderte CO2-Bilanz zunehmend nötig. Zur Erreichung der Auflagen ist eine sinnvolle Prozesswasserführung ein wesentlicher Baustein. Für die Optimierung der Abwasserbehandlung wurden die Stärken und Schwächen der wichtigsten Varianten chemische Behandlung, physikalische Behandlung und Vakuumdestillation verglichen und bewertet. 

Durch die einfache Umstellung des Analysenzeitpunkts, der Prozessreihenfolge: Neutralisation – Fällung – Filtration und mit wenigen Änderungen in der Wasserführung ergeben sich erhebliche Potenziale, Zeit, Chemikalien, Energie und Kosten einzusparen und gleichzeitig die Emissionen an Kohlenstoffdioxid zu reduzieren. Zum Einsatz kommt dafür eine angepasste Analysentechnik, auf deren Basis die Abwasserbehandlung bezüglich der vorliegenden Stoffarten und Stoffkonzentrationen optimiert werden kann, woraus nach Aussage der Vortragenden eine Digitalisierung der Abwasserwege entsteht. 

Galvanische Beschichtungsverfahren zählen zu den Fertigungsverfahren mit einem in der Regel höheren Bedarf an thermischer und elektrischer Energie. Die Forderungen nach einer verbesserten Klimabilanz sind daher durchaus berechtigt. Christin Deyhle von der Qubus GmbH befasst sich seit vielen Jahren mit der Planung von modernen Galvanikanlagen und verfügt daher über umfangreiche Kenntnisse, an welchen Stellen entsprechende Anlagen Einsparpotenzial besitzen. 

Am Beispiel einer Modellgalvanik zur Verzinkung von Stahl- und Zinkdruckgussteilen aus einem alkalischen Elektrolyten erläuterte er die unterschiedlichen Energiemengen für die verschiedenen Prozessteile, wie Heizung, Kühlung, Luft/Abluft, galvanische Abscheidung oder Entfettung. Für diese Arbeitsprozesse wurden im Jahr 1993 etwa 4 GWh Energie pro Jahr veranschlagt. Dieselbe Fertigung verbrauchte im Jahr 2016 mit etwa 2,9 GWh bereits 26 Prozent weniger Energie, entsprechend 302 Tonnen Kohlenstoffdioxid pro Jahr weniger. 

Für die nächsten Jahre sollten Verbesserungen bei den Arbeitsprozessen, wie etwa eine Temperatursenkung der Entfettungsverfahren, eine Verkürzung der Entfettungszeiten oder eine Senkung des Stromverbrauchs bei der galvanischen Verzinkung möglich sein. Des Weiteren wird davon ausgegangen, dass eine modernere Steuerungstechnik sowie eine optimierte Luftversorgung unter Einsatz von Wärmepumpen und Wärmerückgewinnung aus der Gleichrichterkühlung den Energieverbrauch der Anlage mit derselben Leistung nochmals um bis zu 40 Prozent reduziert. Damit würde der Energieverbrauch pro Jahr von etwa 4 GWh auf etwa 1,8 GWh sinken. 

Die EU-Kommission hat mit dem Green Deal die Grundlagen zur Transformation der Industrie in Richtung einer zirkulären und klimaneutralen Wirtschaft eingeleitet und der Bundesregierung damit klare Vorgaben mitgegeben. Im Fokus der zirkulären Transformation von energie- und rohstoffintensiven Unternehmen, mit der sich Lars Baumgürtel, ZINQ Technologie GmbH, auseinandersetzt, stehen die Fragen:

  • Wie wird der ökologische Fußabdruck von Produkten verringert?
  • Wie werden produktbezogene Fußabdrücke über den gesamten Lebenszyklus gemessen (PCF/Carbon und PEF/Environmental)?
  • Wie werden diese Daten in digitale zirkuläre Produktpässe übertragen und zukünftig bewertet?

Am Beispiel von Prozesswärmeanwendungen in der Oberflächentechnik zeigte Baumgürtel auf, mit welchen Maßnahmen die energetische/stoffliche Transformation gelingt, wie sich Unternehmen mit zirkulären Geschäftsmodellen zukunftsfähig aufstellen können und welcher politische Rahmen umgesetzt werden muss, damit kleine und mittlere Unternehmen und die Oberflächentechnik zukünftig von der Internalisierung externalisierter Umweltkosten profitieren können. Die drei Ziele des EU-Green-Deals (Zero Carbon, Pollution, Waste) werden die Konturen der Oberflächentechnikindustrie samt ihrer Lieferkette und Kunden prägen.

 

Vor- und Nachbehandlung als qualitätsbestimmende Prozessschritte

Im Rahmen des internationalen ZIM-Kooperationsprojekts MONACO-PLATE konnte gezeigt werden, dass der Passivierungsprozess von galvanischen Zink-Nickel-Beschichtungen auf Basis von Chrom(III)-Verbindungen durch In-situ-Messung zeitbezogener Ruhepotenziale (OCP) in Echtzeit überwacht und gesteuert werden kann, wie Eva Tarfeld, IFINKOR, einführend erläuterte. Nach dem Eintauchen der Zink-Nickel-Oberfläche in die Passivierungslösung steigt das Ruhepotenzial von Werten um -550 mVH innerhalb von 30  bis 60 Sekunden auf ein Plateau zwischen -120 mVH und -90 mVH an. Die Dauer für den Potenzialanstieg ändert sich mit dem Alter der Passivierungslösung, was auf einen prozessbedingten Anstieg der Fremdionenkonzentrationen (Zink, Eisen) zurückzuführen ist. 

Durch die Korrelation der Prozessparameter mit der Schutzwirkung der erzeugten Passivierungsschichten lässt sich die optimale Standzeit von Passivierungssystemen ermitteln. Diese Methodik, funktioniert sowohl bei Gestell- als auch bei der Trommelbeschichtung. Das Verfahren unterstützt die Bemühungen zur Digitalisierung von Prozessschritten in der Galvanotechnik.

Im Gegensatz zur Abscheidung von Chrom aus Chrom(VI)-Verfahren mit stark sauren Elektrolyten besteht bei der Verwendung von Chrom(III)-Systemen die Gefahr, dass eine Nickeloberfläche nicht ausreichend aktiv ist, um eine gute Haftfähigkeit zu erzielen. In einem Projekt im Rahmen des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM) der AiF wurden verschiedene Aktivierungsverfahren untersucht und hinsichtlich ihrer Wirkung auf die anschließende Nickel- und Chromabscheidung qualifiziert. Die daraus erhaltenen Ergebnisse stellte Khavar Akbarova, TU Ilmenau, vor. 

Ziel des Projekts war die Optimierung der Elektrolytzusammensetzung und der einzelnen Behandlungsstufen. Ebenso im Fokus standen die Bestimmung des Einflusses von verschiedenen Parametereinstellungen wie Stromdichte und Behandlungszeit, Ermittlung der Messverfahren für die verschiedenen Prozessparameter sowie die Entwicklung eines Prozessmodells für die Umsetzung eines kontrollierten Aktivierungsprozesses in einer großtechnischen Anlage. 

Aufgrund seines ausgezeichneten Verhältnisses von Gewicht zu Festigkeit gewinnt der Einsatz von Aluminium insbesondere in der Automobilindustrie an Bedeutung. Allerdings ist eine geeignete Oberflächenbehandlung erforderlich, um die chemische Beständigkeit zu gewährleisten – ein Thema, mit dem sich Can Akyil, MacDermid Enthone Deutschland GmbH, befasste. Chemische Konversionsbeschichtungen gehören zu den gängigsten Methoden zum Schutz von Oberflächen gegen Korrosion. Neben einer gleichmäßigen Korrosion tritt bei lackierten Oberflächen Filiformkorrosion (Fadenkorrosion) auf, bei der sich die Korrosion unter einer Schutzschicht ausbreitet. Die Hauptantriebskraft für eine gleichmäßige und auch fadenförmige Korrosion wird durch den Elektronegativitätsunterschied zwischen den intermetallischen Elementen der jeweiligen Legierung erzeugt. Neben der Elektronegativität der Legierungselemente sind die Größe und die Verteilung des Intermetalls in der Aluminiummatrix weitere Parameter, die sich auf das Intermetall auswirken. Intermetallische Verbindungen mit einer gröberen Größe und heterogenerer Verteilung haben einen negativen Einfluss auf die Korrosionsbeständigkeit.

Um die Auswirkung der genannten Parameter auf die Korrosionsbeständigkeit zu demonstrieren, wurden zwei Gusslegierungen nahe dem eutektischen Punkt ausgewählt. Die Legierung EN AC 43400 mit 9 Prozent Silizium verhält sich wie untereutektische Legierungen mit relativ wenig edlen Legierungselementen. Die Legierung EN AC 46000 mit 10 Prozent Silizium und 3 Prozent Kupfer zeigt ein nahezu eutektisches Legierungsverhalten. Der Vortragende erläuterte die Unterschiede in der Korrosionsbeständigkeit sowie die Verbesserung der Korrosionsbeständigkeit durch Anpassung der Vorbehandlungsschritte zur Schaffung einer geeigneteren Grundlage für die Umwandlungsbeschichtung.

Nach den Erfahrungen von Arnaud Kropp, Softec AG, fordern Kunden immer mehr Qualitätssicherung, auch in der Vor- und Nachbehandlung. Die Grundlage für eine hohe Prozesssicherheit bildet eine zentrale und digitale Verwaltung von Prüfprotokollen. Wenn dadurch individuelle Anforderungen flexibel abbildbar werden, können Schritte unternommen werden, um Prüfungsprozesse besser in vorhandene Abläufe zu integrieren.

Mithilfe mobiler Apps können Prüfergebnisse sowie Fehler digital erfasst werden. Somit wird die Dokumentation einfach zum jeweiligen Arbeitsschritt verlagert. Des Weiteren lassen sich Hardware, zum Beispiel Messgeräte, und Software über Schnittstellen besser vernetzen, um den Austausch von Informationen zu automatisieren. Dies ermöglicht beispielsweise die Datenübertragung von Messergebnissen, sodass Werte nicht mehr manuell nachgetragen werden müssen. Dadurch wird das Risiko für Übertragungsfehler minimiert und die Daten stehen in Echtzeit zur Verfügung.

 

Technologien zur Oberflächenfunktionalisierung außerhalb der Galvanotechnik

Kevin Braun, Molecular Plasma Group, befasst sich mit Entwicklung und dem Einsatz von atmosphärischen Plasmen zur Veränderung von Oberflächen. Anders als bei üblichen atmosphärischen Plasmatechnologien, bei denen eine Oberflächenaktivierung oder -reinigung im Vordergrund steht, werden bei dem von ihm genutzten einstufigen, trockenen und lösungsmittelfreien Prozess organische Stoffe mithilfe von kaltem atmosphärischem Plasma kovalent an jegliche Substrate gebunden. Dadurch entsteht eine permanente Nanobeschichtung, die der Oberfläche eine klar definierte Funktion verleiht.

Dem nachhaltigen Prozess steht dafür nahezu die gesamte Palette an organischer Chemie zur Verfügung. Die so erzeugten Funktionen reichen beispielsweise von Oberflächen mit viruziden, bioziden, antibiofouling oder antimikrobiellen Eigenschaften über Korrosionsschutz oder gezielte Filtration bis hin zu hydrophoben, hydrophilen und Trennbeschichtungen oder das Abscheiden von komplexen Biomolekülen. Darüber hinaus geht die Technologie im Bereich der Haftungsverbesserung nicht nur deutlich über die Möglichkeiten einer klassischen Plasmavorbehandlung hinaus, sondern kann, bei oft sogar besseren Ergebnissen, auch lösungsmittelbasierte Haftvermittler durch einen umweltfreundlichen Prozess ersetzen. Vorteilhaft ist zudem das niedrige Energie- und damit Temperaturniveau, das es dem Prozess im Gegensatz zu anderen Technologien ermöglicht, auch sehr sensible Substrate (beispielsweise natürliche Materialien wie Cellulose) zu behandeln und sehr empfindliche Stoffe (zum Beispiel Biomoleküle wie Antikörper oder DNA) abzuscheiden.

Die Anzahl an elektronischen Komponenten nimmt in Fahrzeugen kontinuierlich zu, wie Rainer Venz, MacDermid Alpha Electronic, betonte. Aufgrund immer kompakterer Bauweise in Kombination mit immer höheren Leistungen müssen Elektronikbauteile nicht nur vor Wärmeeinwirkung von außen geschützt werden, sondern auch die eigene Wärmeentwicklung muss möglichst reduziert und die entstehende Wärme abgeleitet werden. Hohe Temperaturen in Verbindung mit Vibrationen, die in Fahrzeugen Normalität sind, führen zu immer weiter steigenden Anforderungen an das Material.

Eine optimierte Materialauswahl in Verbindung mit abgestimmten Schichtsystemen kann die Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit und Lebensdauer erhöhen. Als interessante Alternative zur klassischen Löttechnik kommt moderne Sintertechnik in Betracht. Dadurch ist eine gute Anpassung an das zu verbindende Bauteil beziehungsweise die eingesetzten Werkstoffe und geometrischen Ausführungen möglich. Im Vordergrund stehen dabei die Herstellung einer guten Verbindung sowie effektive und kostengünstige Verarbeitungsprozesse. Venz zeigte an verschiedenen Beispielen den Aufbau elektronischer Systeme, deren Anforderungsprofil sowie Anwendungen.

Oberflächen in der Natur lassen erkennen, dass nahezu alle funktionalen Strukturen, zum Beispiel Benetzungseigenschaften der Lotuspflanze oder Farbeffekte auf Schmetterlingsflügeln, von komplexen Geometrien in der Größenordnung einiger 100 Nanometer bis weniger Mikrometer abhängen. Wirtschaftliche Aspekte verhinderten bislang jedoch einen breiten industriellen Einsatz abseits der mehrstufigen Verfahren. Dies zu ändern ist das Ziel der Arbeiten von Dr. Dominik Britz, SurFunction GmbH, und seinen Kollegen, die mittels Direct Laser Interference Patterning (DLIP) hochwirksame Oberflächen aus der belebten Natur auf technische Produkte übertragen können. Durch stetige Weiterentwicklung dieses Prinzips sowie durch die Ergänzung komplementärer Technologien gelangte die DLIP-Technik nach mehr als 20 Jahren Grundlagen- und anwendungsnaher Forschung zur industriellen Reife.

Diese neue Querschnittstechnologie wird unter dem Begriff xDLIP zusammengefasst (extended DLIP). Wie Britz ausführt, ermöglicht sie die umweltfreundliche und nachhaltige Herstellung von Oberflächen in unterschiedlichsten industriellen Anwendungen: von der Steuerung der Benetzung (superhydrophil bis superhydrophob) über die gezielte Optimierung der Topographie für tribologische sowie elektrische und thermische Eigenschaften bis hin zur Oberflächenaktivierung zur Reinigung und Vorbehandlung für Beschichtungs- und Klebeprozesse. Selbst optische Effekte zur Nutzung als Plagiatschutz können in großen Geschwindigkeiten realisiert werden.

Die Bearbeitung lokal begrenzter Bauteilbereiche war bisher der prädestinierte Einsatz des Lasers als Werkzeug für die Oberflächenreinigung und -strukturierung. Neue Herausforderungen bei der Reinigung und eine breitere Verfügbarkeit von Lasern, verbunden mit sinkenden Preisen, eröffnen neue Perspektiven auch für Anwendungen auf großen Flächen. Dr. Jan Hauptmann, Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS Dresden, stellte in seinem Vortrag neue Entwicklungen hinsichtlich der Anwendungsmöglichkeiten des Lasers und der Systemtechnik vor. Die Möglichkeiten reichen vom Hochrateabtrag großer Flächen, zum Beispiel beim Antrag von Oxidschichten, von der Einstellung definierter Oberflächeneigenschaften ohne Maskierung bis hin zu mikroskopischen Strukturen, die Perspektiven eröffnen, auf großen Flächen angewendet zu werden. Neue Erkenntnisse aus dem Forschungslabor haben dabei geholfen, der Anwendung in der Industrie Vorschub zu leisten.

 

Unternehmerforum – nachhaltige, klimaneutrale und energiesparende Ausrichtung einer Galvanik

Andreas Redaoui, TopQM-Systems AG, befasste sich mit integrierten Managementsystemen (IMS), mit deren unterschiedlichen Schwerpunkten ein wichtiger Fortschritt im Hinblick auf die Nachhaltigkeit erzielbar ist. Zu den wesentlichen Normen zählen seiner Ansicht nach die ISO 14001 und die ISO 50001. In der Regel sind diese Vorgaben in Unternehmen zu finden, die sich auch mit Qualitätsmanagement gemäß ISO 9001 und Umweltmanagement gemäß ISO 14001 befassen. Die Normen auf dem Gebiet des IMS haben unter anderem das Ziel, Ressourcen einzusparen, einheitliche Prozesse zu erzeugen, eine nachvollziehbare Risikobewertung zu erreichen und die Marktposition eines Unternehmens zu stärken. Zu den elementaren Anforderungen für eine nutzenbringende Anwendung der Vorgaben zählt eine effiziente Einbindung aller Führungskräfte mit einer wirkungsvollen Übernahme von Verantwortung, wie der Vortragende betont. Ein weiteres interessantes Element der Normen richtet sich auf die Verwendung von Kennzahlen zur Bewertung der Prozessleistung innerhalb der unterschiedlichen ISO-Standards (Qualität, Umwelt, Energie, Arbeitsschutz). Schließlich ist der Einsatz von KVP (Kontinuierlicher Verbesserungsprozess) zur Steigerung der Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit sowie Senkung der Kosten empfehlenswert.

Dr. Sarah Schmitz, DELTA Engineering Chemistry GmbH, und Astrid Krug, C+C Krug GmbH, gaben ihre Erfahrungen zum Umgang mit Galvanikgestellen, insbesondere im Hinblick auf die Gestellisolierung beim Einsatz für die galvanische Metallisierung von Kunststoff wieder. Die Anbieter von Isolierungsstoffen für Galvanikgestelle sind, ähnlich wie die Beschichtungsunternehmen, infolge des Einsatzes von chrom(VI)-freien Prozessen zu deutlichen Weiterentwicklungen gefordert. Zu den Hauptzielen der Vortragenden zählt die Steigerung der Nachhaltigkeit unter besonderer Betrachtung der Haltbarkeit der Gestelle und der Minimierung der Energie für die Herstellung und Nutzung von Gestellen.

 

Unternehmerforum – Finanzen und Verssicherung

Leonid Hofmann, BüchnerBarella Holding, befasste sich in seinen Ausführungen mit Liquiditätsschwierigkeiten von Unternehmen, ausgelöst durch steigende und nicht prognostizierbare Energieeinkaufspreise, steigende Einkaufspreise mit längeren Lieferzeiten, bedingte Möglichkeiten zur Weitergabe von Preiserhöhungen und steigende Zahlungsziele bei Endabnehmern (zum Beispiel Automotive). Problematisch ist in diesem Zusammenhang eine bankenabhängige Finanzierung durch eine gewisse Zurückhaltung der Banken bei der Finanzierungsvergabe sowie steigender Zinsen im Lang- und Kurzfristbereich. Als eine mögliche Lösung schlägt der Vortragende alternative Finanzierungmöglichkeiten in Form eines stillen Forderungsverkaufs oder freier Finanzierungen vor.

Cyberangriffe auf private Unternehmen und öffentliche Einrichtungen sind nach Aussage von Alexander Graf Bernadotte, BüchnerBarella Holding, kein neues Phänomen. Die Realität zeige, dass derartige Angriffe jeden treffen können. Trotz aufwändiger technischer und organisatorischer Maßnahmen sei die absolute Sicherheit ein Wunschdenken. Aus diesem Grund seien Unternehmen gefordert, Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Dabei blicken sie auf einen Markt von Cybersicherheitslösungen und -services von global etwa 7.000 Anbietern.

Auf Basis der Erfahrung des Kooperationspartners Bosch CyberCompare an über 250 Kundenprojekten im DACH-Raum sind einige relevante Schritte bei einer Anbieterauswahl zu beachten. Darüber hinaus empfehle sich eine Cyberversicherung, wie sie das Unternehmen des Vortragenden anbietet.

In einem zweiten Vortrag stellte Leonid Hofmann, BüchnerBarella Holding, Bürgschaften und Zahlungsgarantien außerhalb der Bankenwelt vor. Dazu zählen sicherheitenfreie Bürgschaftslinien über Kreditversicherer, Zahlungsbürgschaften für Energieversorger oder Absicherungen von Bürgschaften über die Unfair-Calling-Deckung der Versicherer.

 

Unternehmerforum – Unternehmensführung

Das Thema Fachkräftemangel, mit dem sich Jens Bartsch, taskforce – Management on Demand AG, befasst, steht bei vielen Unternehmen bereits seit Jahren auf der Agenda. Wie die Deutsche Industrie- und Handelskammer kürzlich bekannt gab, meldet über die Hälfte aller Industrieunternehmen, die an der Umfrage zum DIHK-Fachkräftereport 2021 teilnahmen, Probleme bei der Personalsuche. Politik, Verbände und Unternehmen versuchen unter anderem, durch die Verbesserung der dualen Ausbildung, der Berufsorientierung, der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und vor allem eine kompetenzorientierte Zuwanderungspolitik Abhilfe zu schaffen. Auch Recruiting-Maßnahmen wie Employer Branding und flexible Vergütungs- und Arbeitszeitmodelle bekämpfen das Problem meist nur punktuell.

Inzwischen betrifft der Personalbedarf zunehmend auch erfolgskritische Managementpositionen in allen Funktionen. Stellen mit einem entsprechend qualifizierten Manager zu besetzen, dauert heute bereits oft sechs bis zwölf Monate. Und zahlreiche Studien zeigen, dass immer weniger junge Menschen bereit sind, Führungs- und Entscheidungsverantwortung zu übernehmen. Abhilfe kann ein temporäres Management schaffen. Interim-Manager sind erfahrene freie Manager, die für einen begrenzten Zeitraum für klar umrissene Aufgaben engagiert werden. Einer stagnierenden Auswahl an Kandidaten für feste Positionen steht nach den Ausführungen des Vortragenden künftig ein wachsendes Angebot an freien Interim-Managern gegenüber. 

Die Oberflächenbehandlung beinhaltet die Verwendung von Technologien, die grundsätzlich mit Risiken verbunden sind, zum Beispiel die Verwendung von ätzenden, giftigen und entzündlichen Chemikalien. Zudem bestehen Risiken schwerer Unfälle im Sinne der Störfallverordnung. Bei der Errichtung und dem Betrieb solcher Anlagen müssen diese Risiken entweder vermieden oder auf ein akzeptables Niveau gesenkt werden, was unter anderem durch umweltgerechte Genehmigungsverfahren belegt werden kann – das Thema von Werner Huppertz, Huppertz Umwelt & Technik. Dazu hat der Gesetzgeber eine Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen erlassen und diese Anlagen grundsätzlich unter einen Genehmigungsvorbehalt gestellt.

Gesetzgebung und Genehmigungsverfahren sind in den vergangenen Jahren zunehmend komplexer geworden. Dies liegt daran, dass bei der Genehmigung einer Anlage zur Oberflächenbehandlung sehr viele Rechtsgebiete berührt werden, wie zum Beispiel Immissionen Luft und Schall, Gewässerschutz, Bodenschutz, Gefahr von schweren Unfällen (Störfälle), Brand- und Arbeitsschutz, Gefahrstoffe oder auch Umweltverträglichkeit (UVP). Allerdings wurden vom Gesetzgeber die Rechtsvorschriften oft unabhängig voneinander erstellt. Eine Abstimmung zwischen den Rechtsgebieten fand in vielen Fällen nicht statt. Bei umfangreichen Vorhaben kann dies dazu führen, dass bereits kleine technische Änderungen zu Rückwirkungen auf das Gesamtsystem führen und in manchen Fällen auch eine Genehmigung zum Kippen bringen. Hier führt eine einfache Denkweise Ursache und Wirkung nicht zwangsläufig zu einer Lösung. Huppertz nannte in seinem Vortrag Wechselwirkungen, die bei einem Genehmigungsverfahren auftreten können, und erläuterte anhand von Beispielen und Lösungsansätzen, wie die unterschiedlichen Rechtsgebiete verträglich in einem Genehmigungsantrag dargestellt werden können.

Wie Sabine Perry, Personalagentur Sabine Perry, in ihrem Vortrag darlegte, stehen viele Unternehmen aktuell vor der Herausforderung, ihre Nachfolge zur Aufrechterhaltung des Betriebs zu regeln. Hierbei fehlen den leitenden Fachkräften häufig Qualifikationen oder Motivationen bei potenziellen Nachfolgern. Dabei wird jedoch übersehen, dass mit einer nachfolgenden, ideenreichen Generation viel neuer Input von außen eingebracht werden kann. 

Als eine Lösung sieht die Vortragende, sich im ersten Schritt emotional und geistig mit einer Verantwortungsübergabe zu beschäftigen. Dies schließt die Akzeptanz ein, dass der Nachfolger eigene Fehler machen wird und diese auch selbst ausbügeln muss. Des Weiteren ist es erforderlich, sich über die Länge einer Einarbeitung Gedanken zu machen, um mögliche Fehler frühzeitig zu erkennen und auszuschließen. Zu den besonders wichtigen Aufgaben zählt, als scheidender Unternehmensführer Aufgaben zu übertragen und loszulassen. Dabei ist stets an die in Betracht kommende Optionen zu denken: Schließung und Auflösung des Betriebes, Übernahme durch ein Familienmitglied, Übernahme durch einen langjährigen Mitarbeiter, Übernahme durch eine extra dafür engagierte potenzielle Führungspersönlichkeit oder Verkauf an einen Mitbewerber. Schließlich bleibt noch die grundlegende Frage, die sich bei jeder Übernahme stellt: die der rechtlichen Ausgestaltung der Übernahme. 

 

Unternehmerforum – Industrie 4.0 und digitale Vernetzung

Um beispielsweise die Vorteile einer Zink-Nickel-Beschichtung nutzen zu können, muss die Elektrolytzusammensetzung in einem engen Toleranzfenster gehalten werden, wie Jonathan Becker, Helmut Fischer GmbH, in seinen Ausführungen betonte. Daher werden die Zink- und Nickelkonzentrationen der Elektrolyte entweder nasschemisch, mit der Atomabsorptionsspektrometrie (AAS), der ICP-OES (Optische Emissionsspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma) oder auch mit der Röntgenfluoreszenzmethode überprüft. In der Regel finden diese Konzentrationsbestimmungen in den Betriebslaboren mehrmals täglich statt. Eine häufigere sowie präzisere Elektrolytkontrolle ist aus prozesstechnischen Gründen wünschenswert und kann durch Automatisierung erreicht werden.

Zwar lassen sich die genannten Messverfahren prinzipiell alle automatisieren, doch bietet sich aufgrund der hohen Salzfracht und Aggressivität der Zink-Nickel-Elektrolyte die Messung mittels Röntgenfluoreszenzverfahren (XRF) besonders für die Automatisierung an; sie kommt im Vergleich zu anderen Verfahren gänzlich ohne Probenvorbereitung aus. Für eine vollständige Automatisierung der XRF-Analytik wird das System mit einer geeigneten Durchflusszelle ausgestattet und so eine hohe Präzision und Langzeitstabilität erzielt. Des Weiteren sind Überlegungen zur Matrixabhängigkeit vorzunehmen. Das Verfahren ist laut Jonathan Becker inzwischen in einigen Unternehmen bis zur 4.0-Praxisanwendung ausgereift. 

Die kleinen und mittleren Unternehmen in Europa stehen vor großen Herausforderungen im Zusammenhang mit den aktuellen Krisen, insbesondere zur Erreichung der geplanten Klimaziele, aber einer gesteigerten Produktionseffizienz. Eine zentrale Rolle spielt dabei nach Ansicht von Fabian Herbst, B+T Oberflächentechnik, die Digitalisierung der Prozesse. Ein Baustein der Digitalisierung stellt die RFID-Technologie (Radio-Frequency Identification) dar. 

RFID-Systeme sind inzwischen in der nötigen Robustheit erhältlich, um auch in der rauen Umgebung einer galvanischen Fertigung ihren Dienst zuverlässig erfüllen zu können. Sie eignen sich zur Erfassung und Verfolgung von Ware, aber auch von Energie, Roh- und Betriebsstoffen, wie im Unternehmen des Vortragenden seit einiger Zeit belegt ist. Darüber hinaus lässt sie sich zur Erfassung der Arbeitszeiten oder von Bestandteilen einer galvanotechnischen Fertigung wie Arbeitswannen, Trommeln, Gestellen oder Ersatzteilen nutzen. Sie erleichtert dadurch die Logistik im Unternehmen und verschafft den Arbeitskräften erforderliche Freiräume. Die Technologie wirkt außerdem dem Fachkräftemangel in der Produktion entgegen und macht Prozesse flexibler und agiler.

Die Kernpunkte von Industrie 4.0 lassen sich nach Ansicht von Hans Ullrich Eckert, Gerweck GmbH Oberflächentechnik, in den Themen digitale Simulation und digitale Vernetzung von Prozessen und Anlagentechnik zusammenfassen. Die Oberflächenbearbeitung steht dabei vor der Herausforderung, aus den vielen Daten, die aufgenommen werden können, die prozessrelevanten Daten zu extrahieren. Auch die Vernetzung von einzelnen Bereichen und der gesamten Lieferkette hat Konsequenzen, die im Vorfeld zu betrachten und zu bewerten sind.

Parameter wie Stromdichte, Spannung, Strom, Expositionszeit, Temperatur, Trommeldrehung oder Bandgeschwindigkeit, Volumenströme und Leitwertüberwachung sind nur einige der Parameter, die auf die Oberflächenbeschichtung Einfluss haben und die gemessen und aufgezeichnet werden können. Die Herausforderung besteht weniger in der Messung und Aufzeichnung solcher Datenströme, sondern vielmehr in der Auswertung und Gewichtung dieser Daten beziehungsweise der Abweichungen vom Standard. Anhand einer modernen Bandbeschichtungsanlage zeigte Eckert die Möglichkeiten der modernen Datentechnik sowie der Auswertung und Nutzung unterschiedlicher Datensammlungen auf. 

Hohe Termintreue erhöht die Kundenzufriedenheit. Doch aus Wunschterminen, komplexer Terminplanung und umgehender Lieferzusage an Kunden die Balance zu halten, erweist sich im Alltag häufig als äußerst herausfordernd, wie Michael Hellmuth von der Softec AG aus seiner langjährigen Erfahrung mit ERP-Systemen bekannt ist. In Gesprächen mit Galvanikunternehmen wird immer wieder die Frage gestellt, wie sich Termine in der Auftragsbestätigung zusagen lassen. Eine Vielzahl von Aufträgen mit mehrstufigen Fertigungsschritten, unterschiedlichen Terminwünschen, Anlagenkapazitäten und Anlieferterminen führt zu Beschränkungen, die sich schwer überblicken lassen. Zudem erfordert die Dynamik aus neuen Aufträgen und geänderten Kundenwünschen, dass Aufträge mehrmals pro Tag geplant werden müssen. Die Menge der Aufträge und die Vielzahl der Beschränkungen führen dazu, dass eine Automatisierung erfolgen muss, um eine gleichbleibende Qualität der Planung zu erzielen. 

Um die Kunden stets auf dem aktuellen Stand zu halten, kann diese Art der Routinetätigkeit vom ERP-System automatisiert werden. Für die kreative Planung eignet sich bereits heute der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI). Sowohl für Kunden als auch für Mitarbeitende führen die gewonnene Transparenz und die Planungssicherheit zu einem entspannteren Arbeitsalltag.  

Bedingt durch den voranschreitenden Generationswechsel ist und bleibt Personalmangel eine der größten Herausforderungen der nächsten Jahre – ein Thema, mit dem sich Caroline Genschmer und Frieder Klotz, macio GmbH, befassen. Von den Schulen kommen weniger Auszubildende, Hochschulabsolventen suchen keinen Job an den Anlagen in der Produktion, viele langjährige Produktionsmitarbeiter gehen zeitnah in den Ruhestand. Es gilt, mit weniger Personal den unternehmerischen Erfolg zu sichern. Digitalisierung ist dabei ein unabdingbarer Hebel und auch Automatisierung ist längst nicht mehr wegzudenken. 
Während Digitalisierung und Automatisierung noch vor einigen Jahren Ängste und Unsicherheiten auslösten, sind sie inzwischen unerlässliche Werkzeuge für das Bestehen am Markt. Um sich in einem unsicheren und sich schnell verändernden Umfeld, geprägt von instabilen Lieferketten, hohen Energiekosten und Inflation, durchzusetzen, braucht es eine sichere Struktur im Unternehmen. Anhand von Fallbeispielen zeigten die Vortragenden, welche Ansätze besonders hilfreich sind, um die Auswirkungen des ausgeprägten Personalmangels abzumildern, die Digitalisierung und Automatisierung für die eigenen Herausforderungen zu nutzen und sich frühzeitig auf die anstehenden Veränderungen vorzubereiten. 

Im Zusammenhang mit den anstehenden Energiefragen, in Bezug auf Art, Beschaffung und Kosten der jeweiligen Energiequelle, steht die aktuelle Fertigungsindustrie vor großen Herausforderungen. Edgar Kaufmann, B+T Oberflächentechnik GmbH, zeigte anhand eines Praxisbeispiels aus den Arbeitsbereichen Härterei und galvanotechnische Oberflächenbearbeitung auf, wie betriebliche Kennzahlen zum Energieeinsatz die Produktionsabläufe in energieintensiven Prozessen beeinflussen und verändern können und dadurch auch den Energiebedarf reduzieren. Die Grundlage hierfür ist eine Vielzahl von prozessbegleitenden Datenbanken, die mittels SQL-Abfragen Daten extrahieren und zielorientiert darstellen. 

Durch eine intelligente Verknüpfung können hier Anpassungen des Fertigungsablaufs automatisch oder mittels Alarmierung manuell getätigt werden. Darüber hinaus ermöglicht die Auswertung der Energiekennzahlen für detaillierte Prozessparameter den optimierten Einsatz der schadensbedingten wie vorbeugenden Instandhaltung. Dies wirkt sich auch positiv auf die Qualitätsperformance aus. 

Die Basis einer effizienten Produktion ist eine Produktionsplanung, welche die Produktionsstätte vollumfänglich betrachtet. Eine stetig wachsende Komplexität in der Planung, von Sonderanfertigungen mit Losgröße 1 bis hin zur Energieoptimierung der Produktion, erhöht die Herausforderungen für die Disposition immens. Der Fertigungsbereich Galvanik als meist zentrale Schlüsselkomponente bildet eine kritische Stelle der Planung. 

Der Vortrag von Andreas Scholz und Florian Wimmenauer, Aucos AG, zeigte, wie KI-gestützte Planungssysteme, die Hand-in-Hand mit dem Leitsystem der Galvanik zusammenarbeiten, eine Symbiose mit Disposition, Logistik und Warenwirtschaft eingehen. An Beispielen wurde gezeigt, wie eine zuverlässige Planung erstellt werden kann, die in Echtzeit auf Änderungen und unvorhergesehene Ereignisse reagiert. In eine solche Planung fließen adaptiv Kriterien wie Durchsatz, Liefertreue und Personaleinsatzplanung ein. Zudem kann das System selbstständig lernen und sich besser auf den individuellen Fertigungsprozess einstellen und damit nicht zur Einsparung von Energie führen.

 

Industrielle Bauteilreinigung

Die im FiT erarbeitete und von Dr. Michael Flämmich, VACOM & FiT, vorgestellte Richtlinie „Filmische Verunreinigungen beherrschen“ richtet sich an Betreiber von Teilereinigungsanlagen, Verantwortliche für Reinigungsprozesse sowie Anwender von Mess‑ und Prüftechnik. Das Kompendium des aktuellen Wissensstandes der Branche gibt Handlungsempfehlungen, wie die Prozesskette Bauteilreinigung aufgebaut und optimiert werden kann, um Anforderungen an filmische Oberflächensauberkeit auf Teileoberflächen sicher zu erfüllen. Weiterhin enthält die Richtlinie wertvolle Informationen für Teilehersteller, da bereits Konstruktion und Teilefertigung entscheidend die erreichbare Sauberkeit von Bauteilen und Systemen bestimmen.

Die Richtlinie gibt abhängige Handlungsempfehlungen, wie eine Prozesskette der Bauteilreinigung aufgebaut und optimiert werden kann, um die Anforderungen an Restverunreinigungen filmischer Natur auf Teileoberflächen sicher zu erfüllen und damit die Funktionalität und Qualität von Bauteilen, Baugruppen und Produkten stabil zu sichern. Dabei basiert der Inhalt auf Expertenwissen für den strukturierten Aufbau (einschließlich Lösungsansätzen zu typischen Aufgabenstellungen in der Teilereinigung) einer qualitätssichernden Prozessführung. Die Vorgehensweise schließt hierzu eine Bewertung des Ausgangszustands vor der Reinigung, die Reinigungsverfahren und -chemie sowie die unterschiedlichen Arten der Mess- und Prüftechnologien ein. Schließlich werden unterschiedliche Lösungsansätze für typische Aufgabenstellungen der Teilereinigung dargelegt.

Wie Daniel Weile, Fraunhofer FEP, feststellte, gibt es bislang in Deutschlang keine formale Aus- oder Weiterbildung im Bereich der industriellen Reinigung. Das heißt, für einen wichtigen Schritt der Wertschöpfung gibt es bislang kein qualifiziertes Personal. Die derzeitigen Mitarbeitenden der industriellen Reinigung sind alle Quereinsteiger mit den unterschiedlichsten beruflichen Hintergründen, die sich im Verlauf ihrer Tätigkeit natürlich hervorragend in ihren Prozess eingearbeitet haben, jedoch nie die Chance hatten, in diesem Bereich eine umfassende Qualifizierung zu erfahren.

Dieses Missverhältnis soll durch die Ausbildung zum IHK-geprüften Berufsspezialist*in industrielle Teilereinigung geschlossen werden. Die berufsbegleitende Weiterbildung auf DQR-Niveau 5 wurde im Rahmen des BMBF-geförderten InnoVET-Projekts entwickelt und befindet sich derzeit in der Erprobungsphase. In dieser Phase sind derzeit neun Teilnehmende aus dem gesamten Bundesgebiet in der neu entwickelten, branchenübergreifenden Ausbildung und erhalten so die Möglichkeit, diesen bundesweit einzigartigen, IHK-zertifizierten Berufsabschluss zu erlangen.

Für die Produktionskontrolle entwickelt das Fraunhofer IPM in Freiburg optische Systeme und bildgebende Verfahren, mit denen sich Oberflächen direkt in der Produktion analysieren und damit die Prozesse regeln lassen. Die Systeme messen nach Aussage von Andreas Hofmann, IPM, so schnell und so genau, dass kleine Defekte oder Verunreinigungen auch bei hohen Produktionsgeschwindigkeiten erkannt werden. Dies gelingt durch die Kombination innovativer, optischer Messtechniken mit extrem schnellen Auswerteverfahren. Das Fraunhofer IPM nutzt dabei eine breite Palette von optischen Technologien wie Fluoreszenz-Messtechnik, Infrarot-Reflexions-Spektroskopie oder laserinduzierte Plasmaspektroskopie. Der Vortragende verdeutlichte anhand von Beispielen aus unterschiedlichen Anwendungen die vielfältige Nutzung der optischen Inline-Messtechnik für die Qualifizierung von Oberflächen und stellte die damit verbundene Effizienzsteigerung im Produktionsprozess dar. 

Mit der Technologie können Beschichtungen im Produktionsprozess auf Schichtdicke beziehungsweise auch auf Vollständigkeit inspiziert werden. Außerdem ist die Detektion von filmischen oder partikulären Verunreinigungen auf Bauteiloberflächen möglich. 

Hohe Anforderungen an die Beschichtung – egal ob funktional oder dekorativ – haben entsprechende Auswirkung auf deren Vorbehandlung, speziell in Bezug auf die Oberflächenreinigung. Gleichzeitig steigen die gesetzlichen sowie innerbetrieblichen Regelungen hinsichtlich Einsatz von Lösemitteln und Ressourcenverbrauch bezüglich Wasser und Energie. Das CO2-Schneestrahlen stellt nach Aussage von Dr. Günther Schmauz, acp systems AG, eine sinnvolle Ergänzung beziehungsweise Alternative zu den klassischen nasschemischen Reinigungsverfahren (wässrig-tensidisch oder auf Lösemittelbasis) zur Oberflächenvorbereitung vor dem Beschichten dar, egal ob Lackieren, PVD-Verfahren oder Heißprägen.

Vorteil dieses Verfahrens ist, dass neben hochreiner Druckluft lediglich Kohlenstoffdioxid (CO2) eingesetzt wird, das ein Abfallprodukt aus der chemischen Industrie darstellt. Dieses wird also lediglich weiterverwendet. Es wird somit kein Wasser und keine Reinigungschemie eingesetzt und verbraucht. Ebenso ist die behandelte Oberfläche trocken, weshalb kein aufwändiges und energieintensives Nachspülen und Trocknen notwendig ist. Weiterer Vorteil dieses Verfahrens ist, dass auch gezielt nur lokal gereinigt werden kann, wenn notwendig.

Der Vortragende zeigte an Beispielen, warum dieses Verfahren eine ideale Ergänzung zur Oberflächenvorbehandlung darstellt, inklusive erzielbarer Sauberkeitswerte in Bezug auf partikuläre und chemische Verunreinigungen. Sehr effizient ist unter anderem die Reinigung der Oberflächen von Wafern oder bestückten Platinen, ebenso wie die von empfindlichen optischen Bauteilen und Bauteilgruppen. Inzwischen findet die Technologie auch Einsatz im High-Purity-Bereich der Reinraumklasse 6, bei der Partikel bis 0,5 µm sicher entfernt werden müssen. Ebenso ist die Nachfrage nach Reinigungsverfahren für Bauteile der Elektromobilität aktuell stark zunehmend. Für alle Anwendungsfälle können Anlagen mit unterschiedlichem Grad an Automatisierung angeboten werden. 

 

Verfahren für nachhaltige, klimaneutrale und energiesparende Beschichtung

Für die optimale Haftung einer Beschichtung auf einem Bauteil muss die zu beschichtende Oberfläche frei von Verschmutzungen wie Ölen, Fetten oder von Fremdkörpern wie Zunder oder Rost sein. Kleinteile/Massenschüttgut werden dabei bis heute mithilfe von verschiedenen chemischen Reinigungsprozessen in Kombination mit mechanischem Strahlen gereinigt. Dieser Status Quo ist ein mehrstufiges Verfahren, bei dem allein auf die nasschemische Vorbehandlung in Form des heißalkalischen Entfettens bis zu 75 Prozent des Energieverbrauchs entfallen. Zur gezielten Oberflächenbearbeitung wie Reinigen/Entfernung von Ölen, Fetten, Flussmitteln oder Verzunderungsrückständen oder auch das gezielte Entschichten von Kontakten oder Montageflächen werden inzwischen in vielen Bereichen Laser eingesetzt.

Christian Rabe, Dörken Coatings GmbH & Co. KG, und Olav Schulz, SLCR Lasertechnik GmbH, stellten ein gemeinsam erarbeitetes Reinigungsverfahren mittels Laser zur Behandlung von Massenschüttgut vor. Diese Technologie, die aktuell für die präzise Bearbeitung von einzelnen Bauteilen genutzt wird, um hier die Vorteile der umweltfreundlichen, energieeffizienten und kostengünstigeren Laserbearbeitung zu nutzen, soll zukünftig auch für eine kontrollierte, chaotische Bearbeitung von Kleinteilen und Massenschüttgut zum Einsatz kommen. Die von SLCR entwickelte laserbasierte Vorbereitung von Massenschüttgut zur nachfolgenden Beschichtung hat viele Vorteile. Nach Ansicht der Entwickler bietet diese neue Reinigungstechnologie für Massenschüttgut vielfältige Möglichkeiten. 

Bisheriger Standard in der Hartverchromung sind Bleianoden, die ordentliche, wenn auch nicht überragende Ergebnisse liefern und vergleichsweise günstig in der Anschaffung sind, wie Christian Kurrle, Umicore Galvanotechnik GmbH, betonte. Die Anforderung an Anoden haben sich ihm zufolge aber gewandelt und Entscheider in der Galvanotechnik denken langfristiger: Die Qualität muss in einem wettbewerbsintensiven Massenmarkt außerordentlich hoch sein, die Kosten dürfen auch über Jahre nicht aus dem Ruder laufen und gleichzeitig müssen strengere Umweltschutzvorschriften erfüllt werden. Deshalb ist platinbeschichtetes Refraktärmetall wie Titan und Niob die effizientere Lösung, nicht nur bezüglich Qualität und Umweltaspekten, sondern vor allem auch aufgrund der Wirtschaftlichkeit. Durch unter anderem eine signifikant höhere Lebensdauer und die mögliche Replatinierung im Anschluss verlieren bereits nach etwa drei Jahren Bleianoden ihren Vorteil im Hinblick auf die Anschaffungskosten. Darüber hinaus ist Blei seit einigen Jahren in der Kandidatenliste gemäß der REACH-Verordnung gelistet, was den Einsatz von Bleianoden in Europa immer schwieriger macht. 

In der Hartverchromung bieten dimensionsstabile Anoden verschiedene Vorteile gegenüber herkömmlichen Systemen wie Bleianoden. Längerfristig wirken sich vor allem der deutlich niedrigere Stromverbrauch, reduzierte Ausfallzeiten und Entsorgungskosten aus. Die bessere Leitfähigkeit und die geringere Sauerstoffüberspannung von Platin führen zu essenziellen Energieeinsparungen. Diese machen sich aktuell durch die hohen Energiekosten deutlich bemerkbar. 

Dekorative Chromverfahren auf Basis sechswertigen Chroms werden immer häufiger durch Verfahren auf Basis von dreiwertigem Chrom ersetzt. Der Grund liegt in erster Linie in den Anforderungen aus der REACH-Verordnung, aber auch in den Möglichkeiten, verschiedene Farbtöne der Chromschichten zu nutzen, wie Laurens Wessels, MacDermid Envio Solutions, ausführte. Die bei den dreiwertigen Verfahren abgeschiedenen Chromschichten weisen heute eine so gute Qualität auf, dass sie mit den meisten Normen und Spezifikationen kompatibel sind.

Die bei diesen Prozessen anfallenden Abwässer stellen jedoch nach wie vor eine Herausforderung für die Abwasseraufbereitung dar. Die vom Vortragenden vorgestellte neue prozessintegrierte Methode zur Entfernung der dreiwertigen Chromionen und deren Komplexe aus dem Spülwasser bietet einige Vorteile: Die beim Prozess entstehende geringe Menge an Konzentrat mit Chrom(III) kann extern entsorgt und das behandelte Spülwasser kann ohne großen Aufwand in jede bestehende Abwasseraufbereitung eingespeist werden. Im Vergleich zu konventionellen Behandlungsmethoden lassen sich mit diesem Prozess vor allem Zeit, Energie und Entsorgungskosten sparen.

Nach der Autorisierungspflicht für Chrom(VI)­Verbindungen wird intensiv nach alternativen Vorbehandlungsverfahren zur Vorbereitung von Kunststoff für die galvanische Beschichtung gesucht. Die bisher diskutierten Verfahren richten sich darauf, die Beize durch ungefährliche Stoffe zu ersetzen. Dr. Jürgen Nagel vom Leibniz-Institut für Polymerforschung IPF in Dresden stellte das im IPF entwickelte ForaSolv-Verfahren vor, das ohne Beize auskommt. 

Die Modifizierung erfolgt dabei bereits beim Spritzgießen der Formteile mithilfe von funktionellen Opferpartikeln. Beim sogenannten ForaSolv-Verfahren werden Kern-Schale-Partikel auf die Oberfläche eines Spritzgießwerkzeugs appliziert. Beim Einspritzen der Schmelze werden sie in diese eingebettet. Dadurch entfällt die Einschränkung des Kunststoffgrundmaterials, sodass sich alle Arten von Kunststoff für eine Metallisierung nutzen lassen. 

Im Rahmen der galvanischen Beschichtung werden die Kerne entfernt. Im Fall von Calcit genügt hierfür verdünnte Säure, wie Salzsäure oder Citronensäure. Es entstehen funktionalisierte Mikrokavitäten, die wie üblich weiterverarbeitet werden, zum Beispiel beginnend mit Bekeimung durch Palladium und anschließendem schrittweisen Aufbau der Metallschicht. Das Verfahren kann nach aktuellem Kenntnisstand für alle Kunststofftypen eingesetzt werden; bisher wurde es an PC, PBT, PET, PA6, PEEK, PPS und PLA explizit bestätigt. Die Haftfestigkeiten nach einer galvanischen Kupferabscheidung sind hoch und erreichen im Fall des Kunststoffs PLA Werte von bis zu 28 N/cm. 

Während die Verfahren zur dekorativen Chromabscheidung aus Chrom(III)-Elektrolyten so weit vorangeschritten sind, dass deren Einführung in die Praxis weitgehend abgeschlossen ist, steht dieser Prozess bei der Vorbehandlung von Kunststoffen noch am Anfang. In der neu aufgebauten Galvaniklinie BIA 2 der BIA Group wurde in Solingen nun erstmals der Schritt in den Großmaßstab gewagt und ein chromfreier Vorbehandlungsprozess etabliert, mit dem sich Marvin Wagner, BIA Kunststoff- und Galvanotechnik GmbH & Co. KG, befasste. 

In seinem Vortrag beleuchtete er Prozessstabilität und -performance, Haftungseigenschaften der beschichteten Bauteile und die Eignung für die großtechnische Serienfertigung im Automotive-Sektor näher und gab einen Ausblick in eine Zukunft ohne Chrom(VI) in der Kunststoffgalvanisierung. 

Wie Patrick Rio, Dipsol Europe GmbH, einführend betonte, sind Membrantechnologie, spezielle Anodentechnik oder auch regelmäßiges Verdünnen oft verwendete Verfahren, um konstante Abscheidegeschwindigkeiten im Bereich der Zink-Nickel-Legierungsabscheidung aufrechtzuerhalten. Wesentlicher Grund für diese aufwändigen und kostenintensiven Maßnahmen sind die bei der Abscheidung störenden Abbauprodukte an organischen Glanz- und Komplexbildnern.

Mit einem neuen Trommel-Zink-Nickel-Verfahren wird ein konstant hoher Wirkungsgrad ohne zusätzliche Aufwendungen erzielt. Trotz der verringerten Konzentrationen der Inhaltsstoffe des Elektrolyten wird durch die Zusammensetzung eine deutliche Senkung der erforderlichen Abscheidespannung erzielt. Zusätzliche Kosteneinsparungen ergeben sich Rio zufolge durch die reduzierten Ausschleppverluste und die damit verringerte Abwasserfracht, das Entfallen des Einsatzes von Membrananoden oder sonstigen Spezialanoden. Neben den wirtschaftlichen Vorteilen gegenüber den bisherigen Systemen bietet das von Rio vorgestellte Verfahren vor allem durch eine sehr gute Deck- beziehungsweise Bekeimungsfähigkeit bei problematischen Grundwerkstoffen Vorteile. 

Energieeinsparung ist in der Galvanotechnik nicht erst seit der aktuellen Energiekrise ein Thema, sondern war speziell bei der Prozessführung von Elektrolyten schon immer entscheidend, insbesondere in Ländern mit hohen Kosten für elektrischen Strom. Zu einem der markantesten Probleme der gängigen Verfahrenstechnik zählt die Oxalatbildung bei Betrieb ohne Membrananode, die zu Verstopfungen von Rohrleitungen und zur Beschädigung von Ventilen führen kann. Anhand theoretischer Berechnungen und praktischer Anwendungsbeispiele zeigten Markus Ahr und Uwe Knebel, Atotech Deutschland GmbH, auf, welche Einsparpotenziale im Bereich Zink-Nickel möglich sind. Einsparpotenzial liegt beispielsweise in der Verwendung von geeigneten Membrananoden oder dem Ausfrieren (und damit dem Ausfällen) von störenden Bestandteilen des Elektrolyten. Auch die Reduzierung des anfallenden Abwassers, das zunehmend zu einem deutlichen Kostenfaktor in der Fertigung wird, bietet Einsparmöglichkeiten. In Betracht kommen beispielsweise Vakuumverdampfer, bei denen allerdings aufkonzentrierte Lösungen mit Nickel, Zink und Abbauprodukten anfallen. 

Das Unternehmen der Vortragenden bietet ein System an, bei dem die unterschiedlichen Technologien und Systemkomponenten aufeinander abgestimmt eingesetzt werden. Es zeigte sich unter anderem sowohl bei der Gestell- als auch bei der Trommelbeschichtung ein Einsparpotenzial zwischen 20 und 45 Prozent an Beschichtungszeit und Leistungsverbrauch. 

Aufgrund der 2022 und 2023 extrem gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise stehen Galvanikbetriebe unter einem extremen Kostendruck und müssen neue Wege finden, um Energie und Kosten einzusparen, ein Thema, mit dem sich Marco Rösch, SurTec International GmbH, befasste. Er betrachtete hierbei sowohl die Vorbehandlung zur Entfettung von Bauteilen als auch die galvanische Beschichtung mit Zink-Nickel. 

Bei der Abkochentfettung beispielsweise können durch ein Absenken der Arbeitstemperatur von etwa 70 °C auf 50 °C bis zu 40 Prozent der Heizenergie eingespart werden. Dazu muss allerdings die eingesetzte Chemie angepasst werden, was durch neue Builder und Tenside möglich wird. Dazu bietet sich anstelle von Natronlauge der Einsatz von Kalilauge an, die eine höhere Leitfähigkeit hat; zudem bleibt bei steigenden Carbonatgehalten die Leitfähigkeit nahezu erhalten. 

Auch bei der Abscheidung von Zink kann der Einsatz von Kalilauge anstelle von Natronlauge Vorteile bringen, da ein steigender Carbonatgehalt auch hier kaum zur Reduzierung der Leitfähigkeit des Elektrolyten führt und somit ein Anstieg der Abscheidespannung ausbleibt. Eine positive Wirkung auf die Leitfähigkeit bei einem Einsatz von Kalilauge zeigt sich auch bei verändertem Zinkgehalt: Während bei Elektrolyten mit Natronlauge bei steigendem Zinkgehalt die Leitfähigkeit abnimmt, bleibt dies in Systemen mit Kalilauge unverändert.